Liebevolle Pflegefamilien sind ständig gesucht und bedeuten ein Glückslos für Kinder, die nicht bei den eigenen Eltern groß werden können. Das zeigt das Beispiel der Familie L. aus Idar-Oberstein. Als ausgebildete Erzieherin und fürsorgliche Mutter einer damals 14-jährigen Tochter weiß Katharina L. um die Leitsätze in der Kindererziehung, als sie und ihr Mann 2014 die erste Pflegetochter Hannah, vermittelt vom Stadtjugendamt Idar-Oberstein, in die Familie aufnehmen. Katharina L. ist es wichtig, ihren Namen und den ihrer Töchter zu anonymisieren, um einer Stigmatisierung der Kinder vorzubeugen. Beim Wunsch nach einem zweiten Pflegekind wird die Familie auf die Fachberatung für Pflegefamilien der Stiftung kreuznacher diakonie aufmerksam. Sie bewerben sich als Sozialpädagogische Pflegestelle (SPP) und werden nach einem standardisierten, mehrmonatigen Eignungsverfahren anerkannt. Voraussetzung ist, dass mindestens ein Elternteil eine pädagogische Ausbildung absolviert hat. 2017 bekommen sie in Kooperation mit der Fachberatung und dem Stadtjugendamt die zweite Pflegetochter Lisa vermittelt.
Hannah und Lisa kamen beide als Säuglinge in die Pflegefamilie: „Solche Vermittlungen sind äußerst selten, die meisten Kinder, für die wir Pflegeeltern suchen, sind im Kindergarten- oder Grundschulalter“, berichtet Jasmin Stüber. Die Diplom-Sozialpädagogin begleitet und berät Familie L. in allen Fragen rund um das Pflegekind. Bei Nesthäkchen Lisa konnte das Jugendamt nicht ausschließen, dass die leibliche Mutter in der Schwangerschaft Alkohol und Drogen konsumiert hatte. Deshalb kam für Lisa nur eine SPP-Familie in Frage.
Glücklicherweise haben sich die Befürchtungen nicht bestätigt: Lisa ist ein glückliches Kindergartenkind und fiebert nun dem Schulbeginn im Sommer entgegen. „Die Aufnahme von Säuglingen war für uns Bedingung“, erzählt Katharina L. „Wir wollten, dass unsere große Tochter mit in die neue Situation reinwächst.“ Im Rückblick sagt sie: „Alles richtig gemacht – drei Mädels, das ist super. Die drei gehen miteinander um, wie Geschwister – es gibt mal Zank, aber meistens sind sie einander sehr verbunden.“
Enge Kooperation mit Jugendamt und Fachberatung
Auch Familie, Freunde und Bekannte nahmen die Mädels herzlich auf: „Solange mein Vater noch lebte, waren die Kinder häufig bei den Großeltern zu Besuch. Meine Mutter ist noch immer eine große Hilfe für mich und hat immer ein offenes Ohr.“ Familie steht immer an erster Stelle bei Vollzeit-Mama Katharina L., die selbst einen Bruder hat: „Das war schon zuhause so.“ Ihre Eltern waren ein gutes Team – genauso wie sie und ihr Mann: „Mein Mann trägt alles mit und bringt sich bei allem ein. Das ist total wichtig, sonst könnte es nicht klappen.“ Sie selbst sieht sich nun mit dem bevorstehenden Schulbeginn der Jüngsten in einer Orientierungsphase. Wenn es klappt und eine passende Anfrage reinkommt, würde die Familie gerne nochmal einen Säugling aufnehmen. Ansonsten überlegt sie möglicherweise wieder arbeiten zu gehen. „Auf jeden Fall nur Teilzeit, um am Nachmittag für die Kinder da zu sein.“ Auf die Pflegemutter kommen neben den üblichen Sportterminen oder Verabredungen zusätzliche Termine für Logo- oder Ergotherapie, gelegentliche Kontakte zum Jugendamt und die Besuche von Jasmin Stüber, die ein- bis zweimal im Monat vorbeischaut, hinzu. „Ganz besonders bei Krisen, aber auch im normalen Erziehungsalltag ist die Fachberatung immer Ansprechpartner. Ich begleite zum Beispiel auch die regelmäßigen Treffen von Lisa mit ihrer leiblichen Mutter“, erklärt die Sozialpädagogin. Den Kontakt zu den Herkunftsfamilien zu halten ist ein unverzichtbarer Part für die Pflegeeltern. „Diese Beziehung zu pflegen ist für die Kinder und für die leiblichen Mütter und gegebenenfalls Väter wichtig“, berichtet die Pflegemama. „Die Eltern bringen den Kindern Liebe entgegen und der Bindung sollten wir offen und mit Transparenz begegnen.“
Ohnehin hält sie Offenheit für die Gesamtsituation gegenüber den Kindern für unverzichtbar. Eine Prise Humor, ganz viel Geduld, Herzenswärme und „schwierige Situationen auch mal aushalten können“ – das sind ihre persönlichen Tipps, also alles Zutaten, von denen jedes Familienleben profitiert: „Einfach Mut haben und ausprobieren, man wächst da hinein!“
Fachberatung Pflegefamilien
Pflegefamilien erhalten monatliche Pauschalbeträge für die Vollzeitpflege, die zudem für Sozialpädagogische Pflegestellen Zuschläge enthalten. Hinzu kommen zahlreiche Zuschüsse und Beihilfen für die Zimmer- und Schulausstattung, Sport, Freizeit, Urlaub und so weiter.
Die Fachberatungsstelle vermittelt Kinder auf Anfrage des Jugendamtes in Sozialpädagogische und Bereitschaftspflegefamilien sowie Gastfamilien. Die Familien erhalten professionelle Begleitung sowie regelmäßige Vernetzungs-, Seminar- und Supervisionsangebote. Pflegestellen für Kinder, die nicht bei den leiblichen Eltern aufwachsen können, werden permanent gesucht. Weitere Informationen finden Sie unter www.kreuznacherdiakonie.de/pflegefamilien
Internationaler Tag der Familie am 15. Mai 2023
Seit dreißig Jahren gibt es den Internationalen Tag der Familie, der 1993 von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde, um auf die Bedeutung von Familien für Gesellschaft und Staat aufmerksam zu machen.
Hörtipp
Am Montag, 15. Mai., 8.30 bis 9.30 Uhr, berichten Jasmin Stüber und Lara von Bennigsen-Prezewowsky über die Arbeit der Fachberatung für Pflegefamilien bei Antenne 88,3 Bad Kreuznach im Talk „Nahe dran“. Das Gespräch finden Sie anschließend in der Mediathek bei Antenne.