36 Jahre lang – von 1932 bis 1968 – war sie Vorsteherin des Diakonissen Mutterhauses der Stiftung kreuznacher diakonie: Diakonisse Elisabeth Jaeger. Am heutigen Mittwoch, 7. Dezember, begeht das nach ihr benannte Seniorenheim auf dem Stiftungsgelände der kreuznacher diakonie sein 50-jähriges Bestehen. Der Bau im Bösgrunder Weg ist zwar deutlich jünger, aber an derselben Stelle stand zuvor schon das gleichnamige „Feierabendhaus“ der Diakonissen. Eine große Jubiläumsfeier kann es nicht geben, weil die Bewohnerinnen und Bewohner der Senioreneinrichtung noch immer so gut wie möglich vor Corona-Infektionen geschützt werden sollen. Aber die Diakonissen des Mutterhauses, die sie alle noch kannten, würdigen die Namensgeberin.
Elisabeth Jaeger war eine beeindruckende Persönlichkeit, die es nicht nötig hatte, dick aufzutragen. Darin sind sich die Diakonissen bis heute völlig einig. Wenn sie sich an ihre frühere Vorsteherin erinnern, leuchten die Augen und die Gedanken an sie zaubern ein Lächeln in ihre Gesichter. Die Oberin war immer über alles informiert, hat sich auch in der Stadt Bad Kreuznach in vieles eingemischt und ihr Votum wurde anerkannt. So setzte sie sich beispielsweise für den Erhalt des Kreuzes auf der Nahebrücke ein, das ursprünglich nicht wieder aufgestellt werden sollte.
Verschmitzt sei sie gewesen. „Sie hat oft mit dem ernstesten Gesicht etwas gesagt, was totaler Blödsinn war. Im vollen Speisesaal hat sie aus der Zeitung vorgelesen und dabei manche Nachrichten einfach frei erfunden. Wenn wir ihr dann auf die Schliche kamen, lachte sie herzlich.“ Die Wohnung der Oberin lag im Erdgeschoss des Mutterhauses und hatte über den Balkon einen Hinterausgang. Das Büro der Probemeisterin war direkt daneben, davor stand eine kleine Holzbank ohne Lehne. Hier mussten die Schwestern, die aus dem Nachtdienst kamen und darüber berichten sollten, warten, bis sie hereingerufen wurden. Wenn das in den Augen von Elisabeth Jaeger zu lange dauerte, klopfte sie resolut an die Tür und sagte: „Da draußen sitzen die Nachtwachen. Die wollen berichten.“ Meist verkürzte das die Wartezeit. Immer hat sie sich für die Familien ihrer Mitschwestern interessiert, sich regelmäßig erkundigt, wie es den Angehörigen geht, was aus wem geworden ist und sie knüpfte dabei stets an das an, worüber sie sich beim letzten Gespräch unterhalten hatten.
Zeit mit den Mitschwestern zu verbringen, seelsorglich zu wirken, das war ihr besonders wichtig und so sind auch ihre Bibelstunden in Erinnerung geblieben. Unvergessen blieben auch die Zeiten, in denen die gelernte Musiklehrerin Elisabeth Jaeger ihre Geige hervorholte und musizierte. Nachdem sie die Stelle als Oberin angetreten hatte, blieb die Geige aber meistens auf dem Schrank in ihrem Büro. „Ich kann es nicht verantworten, zu spielen, wenn jemand in Not vor der Tür steht und Hilfe braucht“, sagte sie.
„Spaziergänge mit ihr waren ein Fest“, berichten die Diakonissen. Der Weg führte grundsätzlich zuerst zu einer Einkaufstour bei einer der Bäckereien, sie nahm alles, was gebraucht wurde, unter den Arm und es ging los. Wurde dann beispielsweise in der Ruine der Kauzenburg im Gras gelagert, wurde das Gebäck verteilt.
Groß gewachsen und markant mit weitem Rock und Rüschenhaube war sie überall unterwegs – nicht nur auf dem Stiftungsgelände, sondern ganz oft in der Natur. „Sie kannte die Namen aller Pflanzen“, berichten die Schwestern. 1952 wurde sie für ihre karitative Tätigkeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet – wogegen sie sich zuerst heftig wehrte. Sie nahm es schließlich nur als Auszeichnung für die gesamte Schwesternschaft entgegen. Dieses Bundesverdienstkreuz ist nach wie vor im Besitz der Diakonissen.