Simmern | Digitale Hebammensprechstunde gibt Familien Rat und Unterstützung

Frau sitzt vor Tablet und chattet mit Familie

Hebamme Annika Frank bei der digitalen Videosprechstunde

Das am 1. Januar 2021 gemeinsam mit der LAG Hunsrück und der LAG Soonwald-Nahe auf den Weg gebrachte Pilotprojekt „TeleHebamme“ zieht eine positive Zwischenbilanz. Bis heute wurden 91 Familien von den beiden examinierten Hebammen Annika Frank und Katharina Maucher betreut. „Frauen, die nach der Geburt keine aufsuchende Hebamme für die Nachsorge finden, können unser Beratungsangebot drei Monate kostenlos nutzen. Über Telefon und Videochat stehen wir mit Mutter, Baby und manchmal auch dem Vater in Kontakt und beraten zu Stillen, Ernährung, Gewicht, Ausscheidungen, Bauchweh oder Babyschlaf, aber auch zur Rückbildung und Beckenbodentraining“, erklärt Annika Frank das Konzept. Die Videosprechstunde dauert in der Regel 15 bis 45 Minuten und kann von montags bis freitags zwischen 9 bis 17 Uhr individuell vereinbart werden. Die TeleHebamme kooperieren mit den Frühen Hilfen und vermitteln bei Bedarf auch professionelle Unterstützungsangebote.

Annika Frank, die auch als leitende Hebamme in der Hunsrück Klinik in Simmern arbeitet, weiß, dass es für viele Familien eine Herausforderung darstellt, eine Hebamme für die Nachsorge zu finden: „Jede fünfte Frau kann wegen des Hebammen-Mangels und der großen Nachfrage keine Nachsorge mehr vor Ort in Anspruch nehmen, obwohl diese Betreuung für die Frauen unglaublich wichtig ist. Gerade im Hunsrück können Hebammen aufgrund großer Entfernungen und langer Fahrtzeiten weniger Familien betreuen, als dies zum Beispiel in urbanen Gebieten möglich wäre. In den letzten Jahren haben wir im Diakonie Krankenhaus und in der Hunsrück Klinik ca. 20 Prozent Frauen ohne Nachsorge-Hebamme nach der Geburt entlassen müssen.“

Aus dieser Situation heraus entstand die Idee der TeleHebamme, die aktuell aus Mittel der Europäischen Union und des Landes Rheinland-Pfalz gefördert wird. „Unser Ziel ist es, das Projekt auch über den 31.12.2022 weiterzuführen und in den Abrechnungskalender der gesetzlichen Krankenkasse aufgenommen zu werden. Die Wochenbettbetreuung und Nachsorge sind für frischgebackene Mütter extrem wichtig. Gleichzeitig entlasten wir mit unserer professionellen Beratung auch Kinder- und Hausärzte“, betont Dr. Kay Goerke, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Hunsrück Klinik. Gleichzeitig hat die Videosprechstunde aber auch ihre Grenzen, da beispielsweise das Saug- oder Schluckverhalten des Kindes durch die Kamera nicht so gut erkennbar ist oder sprachliche Hürden und die Internetverbindung den Kontakt erschweren. Die TeleHebamme kann somit keine Nachsorge vor Ort ersetzen, ist aber eine wertvolle, praktische und zeitoptimierende Ergänzung zur Arbeit einer klassischen Hebamme.

Gemeinsam mit den beiden Hebammen hat Dr. Goerke Standards und Leitlinien für die Teleberatung erarbeitet und das Konzept anhand verschiedener Fallbesprechungen erprobt. Die Familien erhalten Feedbackbögen, um anhand der Rückmeldung auch in Zukunft die digitale Arbeit mit den Eltern weiterhin zu verbessern. Die wissenschaftliche und beobachtende Begleitung des Projekts übernimmt die Universität Koblenz-Landau. Sie führt dazu Interviews mit Frauen durch, die gerade an der Hebammensprechstunde teilgenommen haben, aber auch mit denjenigen, die sich gegen die digitale Möglichkeit entschieden haben. Das Feedback der Teilnehmer ist durchweg gut. Die Evaluation soll bis zum 1. Juni 2023 abgeschlossen sein. Alle Beteiligten hoffen, dass dieses Projekt im Kreis Bad Kreuznach und im Rhein-Hunsrück-Kreis weitergeführt werden kann, denn für sie ist es eine echte Herzensangelegenheit geworden. „Die TeleHebamme ist für uns ein wundervolles Konzept, das Müttern ein tolles Zusatzangebot bietet. Es ist eine sinnvolle Lösung für Familien, die keine aufsuchende Hebamme finden. Das positive Feedback der Familien ist für uns die schönste Belohnung, die wir bekommen konnten“, fasst Annika Frank zusammen.

Zur Entwicklung des ländlichen Raums wird die "TeleHebamme" durch Mittel der Europäischen Union und des Landes Rheinland-Pfalz gefördert. Interessierte können sich bei Projektleiter und Chefarzt Dr. Goerke melden.