Die Altersarmut in Deutschland ist in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. In Rheinland-Pfalz und dem Saarland liegt der Anteil der Menschen, die über 65 Jahre alt sind und im Rentenalter von der Sozialhilfe leben müssen, bei rund 18 Prozent. Mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) tritt hier eine Veränderung ein, die der Geschäftsbereich Seniorenhilfe der Stiftung kreuznacher diakonie als einen ersten Schritt in die richtige Richtung sieht. Monika Kolling, Leiterin dieses Geschäftsbereiches, begrüßt das Gesetz: „Seit dem 1. Januar verringert sich der Eigenanteil der Bewohnerinnen und Bewohner in Seniorenheimen stufenweise. Vorausgesetzt sie haben Pflegegrad 2 bis 5.“
Monika Kolling erklärt, was die Seniorinnen und Senioren jetzt wissen müssen: „Wer bis zu zwölf Monate in einer Einrichtung lebt, bekommt einen Leistungszuschlag von fünf Prozent des Eigenanteils der pflegebedingten Aufwendungen. Im zweiten Jahr gibt es einen Zuschlag von 25 Prozent. Nach 24 Monaten erhöht er sich auf 45 Prozent. Lebt man mehr als drei Jahre in einem Altenheim, erhalten die Seniorinnen und Senioren einen Zuschuss auf diesen Eigenanteil von 70 Prozent.“
In den insgesamt elf stationären Einrichtungen der Seniorenhilfe in Rheinland-Pfalz und dem Saarland profitieren derzeit etwa 30 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von dieser höchsten finanziellen Entlastung. „Allerdings hat sich die Verweildauer in unseren Häusern in den vergangenen Jahren sehr verändert. Sie wird immer kürzer“, berichtet Monika Kolling. Daher liegt der Anteil derer, die lediglich fünf Prozent Zuschlag zum Eigenanteil bekommen, ebenfalls bei circa 30 Prozent. Vergleichsweise wenige Menschen profitieren daher von den Entlastungen, die es bei einer Verweildauer von zwei bis drei Jahren gibt.
„Eine wirksame Regelung zur Deckelung der Eigenanteile, die die Betroffenen tatsächlich entlastet, hat das GVWG nicht im Gepäck“, so Monika Kolling. Im Gegenteil: Die Vorgaben zur Tarifbindung, die zum 1. September 2022 in Kraft treten, verpflichten Träger, die bisher nicht nach Tarif gezahlt haben, die Entlohnung ihrer Mitarbeitenden anzupassen. Dementsprechend werden dort die Pflegesätze und folglich die Eigenanteile auch wieder steigen.
Zum 1. Juli kommenden Jahres wird in der stationären Altenpflege ein einheitliches Personalbemessungsverfahren eingeführt, das bundeseinheitliche Personalausstattungen für Pflege und Betreuung zugrunde legt. Spätestens dann werde eine hinreichende Begrenzung der Eigenanteile für die Umsetzung des Vorhabens in ihren Augen unabdingbar.
Um die praktische Umsetzung der Regelung müssen sich Seniorinnen und Senioren genauso wenig kümmern, wie ihre Angehörigen oder Betreuer. Die Meldung der Berechtigten erfolgt durch die jeweilige Pflegekasse an die Einrichtung. Das Haus, das den Pflegebedürftigen versorgt, stellt seiner Pflegekasse neben den Leistungsbetrag auch den Leistungszuschlag in Rechnung und ihm selbst den verbleibenden Eigenanteil. In den Einrichtungen vor Ort können sich die Bewohnerinnen und Bewohner darüber informieren, was sich konkret bei ihnen ändert.
Für die Pflegekassen ist die rechtssichere Ermittlung der Höhe des Zuschlags auf den Eigenanteil jedenfalls mit einem hohen Aufwand verbunden, da beispielsweise auch ein Heimwechsel oder ein Kassenwechsel der Pflegebedürftigen zu berücksichtigen sind. Neben den Pflegebedürftigen selbst werden die jeweiligen Pflegeeinrichtungen vor Ort schriftlich über den jeweils ermittelten Zuschlag informiert.
„Es ist uns gelungen, die Zuschläge zum Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten bereits in der Rechnung für Januar 2022 umzusetzen“, freut sich die Bereichsleiterin der Seniorenhilfe. Bewohnerinnen und Bewohner, die Sozialhilfe erhalten, müssen die Mitteilung der Pflegekasse an das Sozialamt weiterleiten, das die Sozialhilfeleistungen ebenfalls entsprechend anpassen muss.
Hören Sie hier ein Videostatement von Monika Kolling zum GVWG auf Youtube (Link zu YouTube)