Familie Dies aus Darmstadt war gerade im Urlaub in Bacharach am Rhein. Mama Helen sollte in zehn Wochen entbinden, also noch genug Zeit für einen kleinen Familienurlaub. Doch plötzlich setzen die Wehen ein – zu früh. Anlässlich des Weltfrühchen-Tages am Mittwoch, 17. November, erzählen Helen und Leon Dies, wie es sich anfühlt, von jetzt auf gleich Eltern zu werden und wie ihnen die Behandlung und Betreuung der Stiftung kreuznacher diakonie in dieser schweren Zeit geholfen hat.
Es war der 20. Juli 2021: Vor der Geburt von Joscha wollte das Paar noch einmal ausspannen. Erst vor 4 Tagen startete Helen, die als Lehrerin arbeitet, in die Sommerferien. „Bisher war die Schwangerschaft ein Traum. Es gab keinerlei Komplikationen“, schwärmt die Darmstädterin. Vermutlich aufgrund einer Plazenta-Infektion änderte sich diese Situation rasant von einer Traumschwangerschaft in ein echtes Horrorszenarium. Niemandem war klar, dass ein kleines Ziehen im Bauch bedeuten würde, dass Mutter und Kind die nächsten 56 Tage im Diakonie Klinikum in Bad Kreuznach verbringen. „Die Schwangerschaft ist immer eine besonders aufregende Situation, leider auch in gesundheitlicher Hinsicht. Dies kann gerade am Anfang für die Mutter auch unerkannt bleiben. Auch wenn normalerweise das Zusammenspiel zwischen Mutter, Mutterkuchen und werdendem Kind gut funktioniert, sind genau an diesen Schnittstellen Probleme möglich. Diese müssen durch den Geburtshelfer rechtzeitig erkannt und vom Neugeborenenmediziner im Nachhinein behandelt werden“, berichtet Dr. Christoph von Buch, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin in Bad Kreuznach. Als Perinatalzentrum Level 1 mit der höchsten Versorgungsstufe ist die Stiftung kreuznacher diakonie bestens auf Frühchen vorbereitet. Wie es zu einer Frühgeburt kommen kann und worauf besonders geachtet werden muss, erklären Dr. Christoph von Buch und Ana-Lucia Hahn, Mitglied des „Bunten Kreises“, einer Organisation zur sozialmedizinischen Nachsorge für frühgeborene oder kranke Kinder, am 17. November, von 8 bis 9 Uhr, auf Antenne Bad Kreuznach.
Noch Monate später wissen die Eltern genau, wie die Situation abgelaufen ist. Zum Zeitpunkt der Geburt befand sich die 36-Jährige in der 29. + 5 Schwangerschaftswoche. „Wir hatten uns nie mit dem Thema Frühgeburt beschäftigt. Plötzlich wurde uns schlagartig bewusst: Wir bekommen jetzt ein Kind“, berichten die Eltern. Diese Erkenntnis war für beide ein riesengroßer Schock. Wie in einem Tunnel zog die ganze Situation an Mama Helen vorbei und 3 Stunden später, um 23:42 Uhr hielten die Eltern Joscha mit einem Gewicht von 1465 Gramm und einer Länge von 43 Zentimetern in den Armen. Heute können die beiden sagen: „Wir haben uns während der gesamten Geburt fantastisch betreut gefühlt. Das gesamte Team war unglaublich liebevoll und kompetent und hat uns unsere Ängste genommen“, schwärmen die Eltern. Sie vergleichen die Geburt sehr gerne mit einer Flugreise: Solange das Team bei Turbulenzen ruhig bleibt, haben auch die Passagiere ein gutes Gefühl.
Rund achteinhalb Wochen waren Mutter und Kind in Bad Kreuznach. Papa Leon pendelte jeden Tag von Darmstadt zu seiner kleinen Familie. Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle und eine enorme Belastung für alle. Zwischen vielen schlaflosen Nächten, mentaler Erschütterung und tollen Glücksmomenten war es vor allem die besondere Wohlfühlatmosphäre mit all ihren kleinen Details, die der Familie die Zeit in Bad Kreuznach erleichtert hat. Nach fünfeinhalb Wochen auf der Intensivstation standen dem Paar auch auf der Normalstation viele helfende Hände zur Seite. Besonders das sogenannte „Känguruen“, eine Methode, bei der sich ein Elternteil den Säugling auf die Brust legt und ein Tuch wie einen Beutel um sich schlägt, ermöglichte den Eltern bereits zwei Tage nach der Geburt den Körperkontakt zu ihrem Kind, der ansonsten durch unzählige Schläuche und die Glasscheibe des Inkubators komplett verhindert wurde.
Seit dem 17. September lebt die Familie nun in Darmstadt. Unterstützung bekommt die Familie auch nach dem Krankenhausaufenthalt, zum Beispiel durch eine Familienkrankenschwester der Stadt, die Frühcheneltern betreut. Aufgrund der Hilfestellung in der Diakonie war die Umstellung auf das Leben zuhause leichter als erwartet. „Joscha steht immer noch unter besonderer Beobachtung. Wir sind sehr dankbar für die vielen wertvollen Tipps und haben nun das Gefühl, gut für unser Kind sorgen zu können“, erklären die Eltern. Dabei war es für sie ein schleichender Prozess zu lernen, dass sie Joscha nicht in Watte packen müssen. Inzwischen wiegt der kleine Junge 4300 Gramm, ist 56 Zentimeter groß und entwickelt sich prächtig. Helen und Leon sind froh, dass sie mit der großartigen Unterstützung der Kreuznacher Diakonie so gut durch diese schwere Zeit gekommen sind. Und ganz besonders stolz sind sie auf ihren kleinen Kämpfer Joscha.