„Mir wird so oft klar, wie wichtig dieses eine Jahr für mich und mein Leben war. Wie mich die Teestube, ihre Mitarbeitenden und die Menschen geprägt haben und was ihr mir mit auf meinen Weg gegeben habt.“ Axel Mangat, der 1995/96 sein Freiwilliges Soziales Jahr in der Teestube der Stiftung kreuznacher diakonie absolviert hat und mittlerweile die Bahnhofsmission am Hamburger Hauptbahnhof leitet, ist noch immer mit Gabi Schitter, Leiterin der Teestube im Geschäftsbereich Soziale Teilhabe, verbunden – wie so viele der ehemaligen Freiwilligen und Ehrenamtlichen. Häufig konnten die jungen Leute hier ihre ersten Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigungen sammeln und von diesen Erlebnissen für ihr Leben profitieren.
Im Oktober 1980 haben einige Bewohnerinnen und Bewohner mit Unterstützung des damaligen Shalom-Kreises vom Kirchenkreis an Nahe und Glan den geselligen und kulturellen Treffpunkt für Menschen mit und ohne Behinderung im Erdgeschoss von Alt-Bethanien nach langem Drängen endlich eröffnet. Zuvor fanden die Treffen bereits monatelang in anderen provisorischen Unterkünften oder im Gemeindezentrum in der Lessingstraße statt. Vor der Eröffnung erledigten interne und externe Freundinnen und Freunde sowie Mitarbeitende der Stiftung kreuznacher diakonie über mehrere Wochen alle anfallenden Arbeiten, um die Räume herzurichten. Nachdem die bürokratischen Hürden genommen waren, begann auch der erste Zivildienstleistende seinen Ersatzdienst in der Teestube. Ohne Ehrenamt und junge Menschen, die den Zivil- oder Freiwilligendienst absolvierten, wäre ein Großteil der Angebote wie Discos, Live-Konzerte, Spielabende und -Turniere, Bastelaktionen, Ausflüge, Grillfeste, Flohmärkte, Treffen mit Jugendeinrichtungen der Stadt und vieles mehr nicht möglich gewesen. „Normalerweise veranstalten wir fast jeden Monat Konzerte mit lokalen Rock-Bands oder Liedermachern“, erzählt Gabi Schitter. „Das sind Highlights für die Bewohnerinnen und Bewohner. Leider fallen diese Konzerte seit März dieses Jahres aus.“
Ehrenamt und Inklusion nicht nur Schlagworte
Integration und Inklusion sind hier keine Schlagworte. Sie werden gelebt, wenn der eine Rollstuhlfahrer einem anderen Menschen im Rollstuhl seine Pizza anreicht, weil es der eine motorisch kann und gerne hilft und der andere auf diese Hilfe angewiesen ist. Eine Bewohnerin, die im Rollstuhl sitzt, hängt mit einer „Läuferin“ Plakate für ein Konzert auf, weil die eine es motorisch nicht kann und die andere eine Schwäche in der Orientierung hat. Ein externer Konzert-Besucher kommt an die Theke und holt für den Gast im Rollstuhl ein Getränk, weil dieser nicht durch die Menschenmenge kommt. „Ehrenamt zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Teestube“, berichtet Gabi Schitter. „Dahinter stehen menschliche Werte wie Wertschätzung, Anerkennung und Würde. Die Teestube ist ein lebendiger Treffpunkt für inklusives Leben in Bad Kreuznach.“
Auf eine Party zum vierzigjährigen Jubiläum mussten alle Freundinnen und Freunde der Teestube coronabedingt in diesem Jahr verzichten. „Wir holen das im kommenden Jahr nach“, verspricht Gabi Schitter.