„An den Feiertagen übernehme ich gerne den Dienst. Hier erlebe ich Weihnachten jedes Jahr neu und lerne das Leben in all seinen Facetten ganz besonders zu schätzen“, fasst Marc Schneider die kommende Weihnachtszeit im Paul Marien Hospiz Saarbrücken der Stiftung kreuznacher diakonie zusammen.
Der 30-jährige Gesundheits- und Krankenpfleger spürt die außergewöhnliche Stimmung an seinem Arbeitsplatz, wenn es draußen dunkel wird, die warmen Lichter und Mistelzweige in den Fluren das Fest ankündigen: „Zuhause ist der Heilige Abend natürlich auch schön, aber im Hospiz habe ich das Gefühl den Bewohnerinnen und Bewohnern, die womöglich ihr letztes Weihachten erleben, durch gute Gespräche und das Beisammensein etwas mitgeben zu können. Und ich nehme es auch als Geschenk wahr, was ich an Erkenntnissen, Dankbarkeit und Stoff zum Nachdenken mit nachhause nehme.“ Mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen schafft er eine Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen, auch die, die keinen Wert auf Weihnachten legen. Denn darum geht es nämlich bei der Hospizarbeit: Alles kann, nichts muss.
Chriß Heßelmann-Wolf ist seit fünf Jahren ehrenamtlich im Saarbrücker Hospiz tätig und erfüllt den Bewohnerinnen und Bewohnern ihre alltäglichen Wünsche. Das können Gespräche sein, Blumengießen oder ein geselliges Spiel. In der Weihnachtszeit schmückt sie mit anderen Ehrenamtlichen das Hospiz, geht in die Appartements und fragt nach, ob weihnachtliche Dekoration im Zimmer gewünscht ist: „Die meisten sagen erst mal: ‚Wie Sie wollen.‘ Dann sag ich: ‚Nee nee, Sie sind hier der Chef‘. Die Mehrheit mag es aber weihnachtlich und wir singen viel. Erst kürzlich war ich ganz baff, als ein Bewohner in einem sehr schlechten Allgemeinzustand plötzlich in einer kraftvollen und sauberen Tenorstimme ein Weihnachtslied geschmettert hat.“
Musik, berichten Schneider und Heßelmann-Wolf, spielt in der Weihnachtszeit eine große Rolle. Das weckt etwas in den Bewohnerinnen und Bewohnern, das lange geschlummert hat: „Gemeinsam wiederholen wir Rituale und singen Lieder aus der Kindheit. Man sieht in den Augen, dass Erinnerungen wach werden. Wenn es gewünscht ist, reden wir dann auch darüber. Das sind sehr berührende, manchmal melancholische, oft aber auch sehr erheiternde Gespräche“, erzählt die 67-jährige Ehrenamtliche aus Saarbrücken. Diese Erinnerungen an die Kindheit und das Leben unterstützen die Mitarbeitenden. „Wenn es die Umstände zulassen, veranstalten wir weihnachtliche Konzerte und Besuche. Im Fliedner Hospiz in Neunkirchen arbeiten wir viel mit der Kindertagesstätte ‚Regenbogen‘ zusammen. Die Kinder kommen vorbei, schmücken den Baum, bringen Geschenke und singen für die Bewohnerinnen und Bewohner“, erzählt Ute Seibert, Leiterin der beiden Hospize der Stiftung kreuznacher diakonie in Saarbrücken und Neunkirchen.
Mit „Umständen“ meint sie die aktuelle COVID-19 Pandemie, die weihnachtliche Aktionen erschwert. Heßelmann-Wolf hat auch festgestellt, dass viele Menschen größere Hemmungen haben ins Hospiz zu kommen, aus Angst dort dann alleine zu sein: „Wir erleben seit COVID-19, dass Menschen erst sehr spät zu uns kommen und nicht sehr viel Zeit hier verbringen. Dadurch sind sie meistens in einem schlechten Zustand und können nur bedingt ihre Wünsche äußern oder an Aktionen teilnehmen.“ Aktuell lassen die Regelungen aber Besuche der Angehörigen zu: „In den Hospizen gilt die 2G-Plus Regelung, Besuche sind nach vorheriger Anmeldung möglich. Es dürfen zwei Angehörige zur gleichen Zeit in die Appartements“, fasst Seibert zusammen.
Trotz der pandemischen Lage versuchen die Teams alles Mögliche, um aus der Weihnachtszeit etwas Besonderes zu machen und die Familien zusammen kommen zu lassen: „Am Heiligen Abend kocht unser Team normalerweise etwas Festliches für die Bewohner und ihre Angehörigen. Wir feiern zusammen im Gemeinschaftsraum. Ob das dieses Jahr geht, wissen wir noch nicht“, erzählt Schneider. Aber selbst, wenn nicht, fällt ihnen etwas ein, immerhin sind sie im Umgang mit der besonderen Situation schon vertraut: „Es ist immer das, was man daraus macht, wir sind ja alle beisammen und dann machen wir eben das Beste daraus.“ Für seinen diesjährigen Dienst hat er schon seinen Weihnachtspulli zurechtgelegt: Das Jesuskind strahlt den Bewohnerinnen und Bewohnern entgegen und soll sie zum Schmunzeln bringen, mit der Überschrift „Birthday Boy“ – Geburtstagskind.