Unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen
Für Unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen steht in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der Stiftung kreuznacher diakonie ein differenziertes Spektrum von Clearingplätzen und Inobhutnahmegruppen bis zu stationären und ambulanten Anschlussmaßnahmen zur Verfügung.
Die langjährige Erfahrung in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Ausländer/-innen und die kontinuierliche Konzeptions- und Qualitätsentwicklung mit den zuständigen Kostenträgern bestätigt die interkulturelle Ausrichtung unserer modernen Pädagogik.
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Vorläufige Inobhutnahmen
In unseren interkulturellen Wohngruppen bieten wir vorläufige Inobhutnahmen unbegleiteter minderjähriger Ausländer/-innen an und schätzen gemeinsam mit dem fallzuständigen Jugendamt folgende zentrale Punkte ein:
- Würde das Wohl des Minderjährigen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet?
- Halten sich verwandte Person im Inland oder einem anderen EU-Staat auf?
- Erfordert das Wohl des Minderjährigen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten geflüchteten Kindern oder Jugendlichen? Schließt der Gesundheitszustand des/der Minderjährigen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme aus?
- Alterseinschätzung, geregelt in § 42 f. SGB VIII
- Zudem muss das Jugendamt schon während der vorläufigen Inobhutnahme einschätzen, ob eine Asylantragstellung notwendig ist.
Inobhutnahmen
Die Inobhutnahme ist eine sozialpädagogische Schutzmaßnahme, um Klarheit über den weiteren Verbleib des/der Minderjährigen zu verschaffen.
Alle wichtigen Maßnahmen, die während der regulären Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vorzunehmen sind, sind wie folgt zusammengefasst:
- Erstgespräch durch das Jugendamt zur Prüfung der Inobhutnahmevoraussetzung unter Einbeziehung pädagogischer Fachkräfte des Jugendamtes und des freien Trägers sowie eines Vertreters/ einer Vetreterin des Fachdienstes Amtsvormundschaft und einer neutralen Sprachmittlerin / Dolmetscherin,
- Alterseinschätzung zur Klärung der Inobhutnahmevoraussetzung und Beweismittelerhebung nach § 21 SGB X,
- Klärung der Möglichkeiten für eine Familienzusammenführung,
- Materielle und medizinische Versorgung,
- Herbeiführung einer gesetzlichen Vertretung.
Eine Inobhutnahme endet insbesondere:
- mit der Übergabe der/des unbegleiteten minderjährigen Ausländers/-in an den/ die Personensorge- oder Erziehungsberechtigte/n,
- mit der Rückführung in ein Drittland oder der freiwilligen Rückkehr ins Herkunftsland,
- mit der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Teil I – XII),
- wenn die Person entweicht und sich dadurch der Betreuung entzieht,
- mit Erreichen der Volljährigkeit nach deutschem Recht.
Clearing
Unter dem Begriff „Clearingverfahren“ sind die verwaltungs- und sorgerechtlichen sowie organisatorischen Abläufe, die unmittelbar nach der Entscheidung über die Inobhutnahme eines/einer unbegleiteten minderjährigen Ausländers/Ausländerin durchgeführt werden, zu verstehen. Ziele des Clearingverfahrens sind der Schutz, die Klärung der Situation und der Perspektiven der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.
Wir beschäftigen Clearingbeauftragte, die das Clearingverfahren gruppenübergreifen und in enger Zusammenarbeit mit den pädagogischen Fachkräften unserer interkulturellen Wohngruppen und den fallzuständigen Jugendämtern durchführen. Dabei sieht das Clearingverfahren folgende Schwerpunkte:
- Klärung des Gesundheitszustandes,
- Ausländerechtliche Registrierung,
- Umfassende Sozialanamnese,
- Bildung und Informationsvermittlung.
Wesentlicher Bestandteil des Clearingverfahrens ist die Vorbereitung der Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII, bei der der Jugendhilfebedarf und mögliche Anschlussmaßnahmen geprüft werden. Hierzu gehören:
- Klärung des erzieherischen Bedarfs,
- Ermittlung und Bearbeitung der aufenthaltsrechtlichen Perspektive,
- Aufbau einer schulischen und/oder beruflichen Perspektive,
- Klärung des medizinischen und/oder therapeutischen Bedarfs,
- Gemeinsame Planung einer geeigneten Anschlussmaßnahme.
Ambulantes Clearing in Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende
Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende Trier und Hermeskeil sowie in Wohnungen | Familien mit Migrationshintergrund
Unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen, die mit nicht sorge- und erziehungsberechtigten Begleitpersonen in der Aufnahmestelle für Asylbegehrende aufgenommen werden, leben in einem Umfeld aus dem ein sozialpädagogischer Unterstützungsbedarf resultieren kann. Es gilt, diese Mädchen und Jungen zu fördern, Benachteiligungen abzubauen und Bedarfe frühzeitig zu identifizieren. Ihnen muss der Zugang zu Unterstützungs- und Gesundheitssystemen, Bildung und Betreuung ermöglicht werden.
Insbesondere zielt das Leistungsangebot auf weibliche und männliche Kinder und Jugendliche im Alter von 6-17 Jahren,
- die mit (nicht) sorgeberechtigten Erwachsenen als Flüchtlinge eingereist sind und in der AfA aufgenommen wurden,
- bei denen es einer genauen Bestimmung des erzieherischen Bedarfes und der Einschätzung der Mitwirkungspflicht und -bereitschaft bedarf,
- die der Unterstützung und Hilfe bedürfen insbesondere durch Erfahrungen von Vernachlässigung, Verlust, Flucht und Gewalt,
- die u.U. zusätzlich belastet sind durch Sprachmittlerdienste und dadurch mit Problemen konfrontiert werden, vor denen sie gemäß SGB VIII und UN-Kinderrechtskonvention verpflichtenden Schutz genießen sollten.
Angebote für schwangere minderjährige Ausländerinnen
Da wir schon seit vielen Jahren mit unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen arbeiten, bringen wir auch junge Frauen, die aus dem Ausland zu uns kommen, im Falle einer Schwangerschaft gut unter. Wir nutzen unsere Kompetenzen gruppenübergreifend, um ein ausländerrechtliches Clearing zu leisten. Auch nach der Entbindung erhalten junge
Flüchtlingsmütter zusätzlich zur Mutter-Kind-Arbeit Unterstützung im weiteren Verlauf des Asylverfahrens. (Junge) Erwachsene können auf Antrag in einer eigenen Wohnung zusammen mit ihrem Kind ambulant betreut werden, um die bereits erreichten Ziele abzusichern und insbesondere um eine Schul- oder Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen.
Stationäre Anschlussmaßnahmen | Verselbständigung
Steht nach Beendigung des Clearingverfahrens fest, ob und in welchem Umfang die unbegleiteten minderjährigen Ausländer/-innen einen weiteren Bedarf an Jugendhilfemaßnahmen haben, so sind diese im Anschluss zu gewähren. Hierzu ist das gesamte Leistungsspektrum des SGB VIII je nach individuellem Einzelfall in der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII zu prüfen.
Unsere interkulturellen Wohngruppen bieten stationäre Anschlussmaßnahmen für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen an. Diese bilden unterschiedliche Schwerpunkte, sodass für jeden jungen Menschen eine zielführende Hilfemaßnahme angeboten werden kann:
- Interkulturelle Mädchenwohngruppe mit emanzipatorischer- und Traumatapädagogik,
- Interkulturelle Wohngruppen als Vorbereitung zur Verselbständigung,
- Interkulturelle Wohngruppen mit Schwerpunkt Bildung.
Gastfamilien
Mit der Bereitstellung von Gastfamilien sollen flexiblere Angebotsstrukturen geschaffen werden, um differenzierte und zuvorderst für jüngere Kinder geeignete Angebote zur Verfügung zu stellen.
Dieses Angebot richtet sich an unbegleitete minderjährige Ausöänder/-innen,
- die im Rahmen des § 41 Abs. 1 SGB VIII in Obhut genommen werden müssen oder
- als Anschlussmaßnahme nach der Inobhut- und Clearingphase im Rahmen des § 33 SGB VIII in Vollzeitpflege in Gastfamilien betreut werden.
Der Alltag der Jugendlichen ist geprägt von der Aufarbeitung traumatisierender Erlebnisse und der Unsicherheit über den Ausgang des Asylverfahrens. Sie sehnen sich nach Sicherheit und Geborgenheit und danach, wieder gemeinsam mit ihrer Familie leben zu können oder selbstständig zu werden. Gastfamilien können auf diese Bedürfnisse eines jungen Menschen individuell eingehen. Sie haben zudem im Rahmen ihrer eigenen sozialen Netzwerke bessere Möglichkeiten den/die Jugendliche/-n in die neue Umgebung zu integrieren und sie/ihn beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. Falls Sie sich mit Ihrer Familie bei der Integration unbegleiteter minderjähriger Ausländer*innen beteiligen möchten und sich als Gastfamilie bei uns bewerben möchten, können Sie mit Hilfe des Kontaktformulars weitere Informationen anfordern. Wir beraten Sie gerne.
Ambulante Anschlussmaßnahmen
Für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen bestehen folgende Anschlussmaßnahmen nach einem stationären Aufenthalt:
Sozialpädagogische Familienhilfe
Falls eine erfolgreiche Familienzusammenführung möglich war, können Kinder- und Jugendliche in ihren Familien punktuell unterstützt werden.
Betreutes Wohnen
Junge Erwachsene, die in unseren Wohngruppen erfolgreich auf ihre Verselbständigung vorbereitet wurden, können in eine eigene Wohnung ziehen und werden punktuell ambulant - in Form des Betreuten Wohnens- in ihrer Alltagsführung unterstützt.