Mitreden, mitwirken und sich engagieren – es lohnt sich: Das weiß auch Alex Weber, der seit fast drei Jahren in der Wohngruppe Fischbach der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Niederwörresbach (KJF) der Stiftung kreuznacher diakonie wohnt. Seit drei Monaten vertritt er die Gruppe als Sprecher. „Ich bin dabei, wenn andere Kinder Probleme in der Gruppe haben, die wir mit den Betreuern besprechen oder ich kann mitentscheiden, wenn zum Beispiel Möbel oder andere Ausstattung angeschafft werden sollen.“ Anstrengend findet der fast 17-Jährige seinen Zusatzjob nicht, aber: „Verantwortungsbewusst sollte man sein. Für mich ist das eigentlich selbstverständlich, weil ich schon im zweiten Jahr in der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bin.“
Mitreden, mitwirken und sich engagieren sollte für alle Kinder selbstverständlicher Alltag sein – dafür setzt sich alljährlich der Weltkindertag am 20. September ein. Das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland rufen mit dem diesjährigen Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“ zu einem stärkeren politischen Engagement für eine gerechte und lebenswerte Zukunft für junge Menschen auf. Auch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), das 2021 auf den Weg gebracht wurde, stärkt die organisierten Formen der Selbstvertretung – Partizipation ist hier ausdrücklich festgeschrieben. Das Schaffen von Selbstorganisationsstrukturen in Jugendhilfeeinrichtungen ist genauso im Gesetz festgeschrieben wie externe Beschwerde- und Ombudsstellen einzurichten.
Neues Konzept zur Partizipation wird erstellt
„Beteiligung der Kinder und Jugendlichen bis hin zu den Erwachsenen in Eltern-Kind-Gruppen, die in den Einrichtungen der KJF Niederwörresbach vorübergehend ihr Zuhause haben, ist selbstverständlich“, erläutert Martin Wild, Teamleiter in der Wohngruppe Fischbach und gleichzeitig Partizipationsbeauftragter für die gesamte KJF Niederwörresbach. Nun hat die Einrichtung es sich zur Aufgabe gemacht, die Mitwirkungs- und Selbstorganisationsstrukturen zu überarbeiten und in ein neues Konzept zu gießen. „Damit wollen wir die Vorgaben des KJSGs und des Landesjugendamts für unsere Einrichtungen runterbrechen. Die Kinder, Jugendlichen und auch die Mütter und Väter in den Eltern-Kind-Gruppen sollen motiviert werden, ihre Rechte und Pflichten besser zu kennen und wahrzunehmen.“ Der Heilerziehungspfleger, der zum einen die Mittlerstelle zwischen Erzieher-Team und den Bewohnerinnen und Bewohnern bildet, aber beispielsweise auch in schwierigen Angelegenheiten mit Behörden berät, hat schon verschiedene Fachtagungen zum Thema Partizipation besucht. So fand Anfang Juli die landesweite „Beteiligungswerkstatt“ statt, die der rheinland-pfälzische Landesjugendhilferat jährlich anbietet. In Workshops und Seminaren sowohl für Betreuerinnen und Betreuer als auch für die Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen wohnen, können sich die Teilnehmenden fortbilden und vernetzen. Die KJF Niederwörresbach hatte sich mit zwölf jungen Leuten und zwei Betreuern zu der Veranstaltung nach Wolfstein aufgemacht: „Das war für alle ein lohnendes Event“, sagt Martin Wild, „sowohl bei den Inhalten als auch beim Networking.“
Gruppensprecher Alex Weber hatte das Treffen im vergangenen Jahr besucht und konnte an Workshops, zum Beispiel zum Thema Mobbing, teilnehmen. „Ich kann nur empfehlen, mitzumachen und sich zu engagieren. Man lernt Vieles für den Alltag – zum Beispiel, dass man nicht mehr so beleidigend ist. Gleichzeitig geht man bewusster mit Situationen um und versteht Sachen nochmal anders“, motiviert er alle Interessierten.