Bretzenheim | Besuch im Integrationsprojekt "Café Löwenzahn"

„Die Wohnungslosenhilfe liegt mir aus meiner Zeit als Sozialministerin am Herzen“, erklärte Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Mainzer Landtag, die gemeinsam mit dem Wahlkreisabgeordneten Michael Simon und Mitgliedern des SPD-Ortsverbandes im Rahmen ihrer Sommertour Projekte in Guldental und Bretzenheim besuchte. Im Mittelpunkt des Besuchs, zu dem Dr. Martin Hamburger, theologischer Vorstand der Stiftung kreuznacher diakonie die Gäste begrüßte, stand das „Café Löwenzahn“, das vor einem Jahr eröffnet wurde. Heiner Trauthig, Leiter der Eremitage, einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe, stellte das Bauwagen-Café in den historischen Zusammenhang: „Ursprünglich waren wir eine sogenannte Arbeiterkolonie – für die Bewohner gab es bis in die 1980-er Jahre eine Verpflichtung zur Arbeit.“ Eine Zeitlang hatte die Bretzenheimer Einrichtung für Menschen ohne Wohnung eine Zulassung als Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Später gab es jedoch nur noch wenige Angebote zur Tagesstrukturierung für die Klienten der Einrichtung. Heute leben auf der Eremitage rund 50 Männer und Frauen, auch ältere Menschen sowie viele mit sogenannten Doppeldiagnosen: Sie sind zum Beispiel suchterkrankt und haben eine psychische Erkrankung.

Arbeitsgelegenheiten bieten Tagestruktur und bringen Wertschätzung

„Menschen benötigen eine Tagesstruktur und Beschäftigung, auch um ihnen Alternativen zur Sucht bieten zu können“, erläuterte Trauthig. Er freut sich, dass die Wohnungslosenhilfe seit einigen Jahren in Kooperation mit dem Jobcenter Bad Kreuznach Arbeitsgelegenheiten anbieten kann: Gegen ein kleines Stundenhonorar können die Menschen aktiv werden. „So ist durch Umbau und Renovierung eines alten Bauwagens unser ‚Café Löwenzahn‘ entstanden, das wir im Sommerhalbjahr samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet haben. Die teilnehmenden Klienten erleben diese Angebote als Wertschätzung und sind froh, eine sinnvolle Beschäftigung zu haben.“ Auch ein Toilettenhäuschen wird, in Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde Bretzenheim, für die Wanderer auf der Vitaltour Eremitenpfad, die über das Gelände der Einrichtung führt, und für die zahlreichen Radfahrer zur Verfügung gestellt. Eine engagierte Klientin hält die Toiletten sauber. Auf dem weitläufigen Gelände der Eremitage sind mittlerweile zahlreiche kleinere und größere Projekte entstanden, die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum Erhalt der Natur leisten.

"Café Löwenzahn" an Wochenenden geöffnet

Im Café Löwenzahn gibt es kalte und warme Getränke, Kuchen und kleine Snacks, die man zünftig auf den Biertischgarnituren im Freien genießen kann. Die Preise sind familienfreundlich: „Wir möchten hier kein Geld verdienen, im Fokus steht das Projekt, das sich selbst tragen soll“, sagt Trauthig. Wunsch wäre es, einen Minijob finanzieren zu können, um das Café auch in der Woche öffnen zu können.

Trauthig hob hervor, dass die Regelungen im Umgang mit der „Hilfe in besonderen sozialen Schwierigkeiten“ in Rheinland-Pfalz – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – mehr individuelle Problemlagen der Betroffenen im Blick hat. Das ermöglicht häufig Menschen, die mehrfach beeinträchtigt sind, auch einen längerfristigen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung. „Ziel ist eigentlich, die Menschen über kurz oder lang in andere Hilfeformen zu vermitteln“, erklärte Jennifer Möllers, Leiterin des Geschäftsbereichs Kinder-, Jugend-, Familien- und Wohnungslosenhilfe. „Aber allein wegen der schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt ist das kaum möglich.“ Die Unterstützung der interessierten Bewohnerinnen und Bewohner mit Arbeitsgelegenheiten sollte daher erhalten bleiben.

Einen weiteren kritischen Punkt gab Heiner Trauthig den Landtagsabgeordneten mit auf den Weg: „Es fehlt umfassend an geeigneter Nachsorge für Menschen im Anschluss an einen Aufenthalt in der Psychiatrie. Häufig werden sie nur halb austherapiert in die Wohnungslosenhilfe entlassen. Obwohl wir im Umgang mit solchen Menschen viel Erfahrung und Fachwissen haben, führt dies – auch aufgrund unserer personellen Situation – zu einer Überforderung der Einrichtung. Hier bedarf es dringend einer Lösung.“