Simmern | Hunsrück Klinik ermöglicht Sectio-Bonding

Neugeborenes liegt auf Brust der Mutter

Mutter Veronika mit Sohn David beim Sectio-Bonding

Dienstagmorgen, 10:27 Uhr. David erblickt in der Hunsrück Klinik das Licht der Welt. Keine 2 Minuten ist es her, dass Chefarzt Dr. Kay Goerke den ersten Schnitt gesetzt hat. Er reicht Hebamme Tabea den kleinen Jungen. Zusammen mit dem Anästhesisten wird er kurz erstversorgt: Herzschlag, Atmung, Reflexe und die Farbe der Haut werden geprüft. Danach legt die Hebamme das Kind vorsichtig unter den flexiblen Stoffgurt, den Mama Veronika bereits vor der Sectio (Kaiserschnitt) angezogen hat. Haut an Haut und warm zugedeckt liegen die beiden bis zum Ende der Operation unter den wachsamen Augen von Hebamme und Narkosearzt, die darauf achten, dass es beiden gut geht. Bonding nennt man diesen engen Körperkontakt zwischen Neugeborenen und ihren Eltern – eine essenziell wichtige Methode, um durch den Hautkontakt die gemeinsame Bindung zu stabilisieren.

„In der Hunsrück Klinik praktizieren wir das Sectio-Bonding schon seit einigen Jahren. Das bedeutet, dass den Müttern das Neugeborene noch während der Operation auf die Brust gelegt wird, wenn sie dies wünschen. Voraussetzung ist, dass es Mutter und Kind gut geht, denn Sicherheit steht bei uns an erster Stelle“, erklärt Dr. Kay Goerke, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe.

In Deutschland kommen rund 30 Prozent der Babys per Kaiserschnitt zu Welt, in der Hunsrück Klinik der Stiftung kreuznacher diakonie sind es 24 Prozent. „Unser Ziel ist es immer, den werdenden Eltern eine natürliche und selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen. Es gibt jedoch Fälle, die aus medizinischen Gründen einen Kaiserschnitt nötig machen. Aber auch dann wollen wir, dass sich die Familien bei uns wohlfühlen. Die ersten Lebensminuten gemeinsam zu erleben, das kommt einem natürlichen Geburtserlebnis schon sehr nahe.“, betont Goerke.

Nach der Operation wird die Familie zur Nachbetreuung in den Kreißsaal gebracht. Während der üblichen Untersuchungen, dem Hörtest und der Überprüfung des Sauerstoffgehaltes im Blut, liegt David entspannt in den Armen seiner Mutter. So kann sich die junge Familie in Ruhe kennenlernen und ausgiebig kuscheln. Der Hautkontakt vermittelt dem Baby nicht nur ein Gefühl von Sicherheit, Liebe und Nähe. Studien bestätigen, dass Kinder, die regelmäßig in engem Hautkontakt mit ihren Eltern stehen, sich besser entwickeln. Atmung und Herzfrequenz sind bei ihnen gleichmäßiger, sie schreien seltener und schlafen ruhiger. Auch die Mütter profitieren von der Bonding-Methode. „Der unmittelbare Hautkontakt lässt den Oxytocin-Spiegel steigen. Dieser regt die Milchbildung an und erleichtert oft das Stillen. Gleichzeitig reduziert er die Schmerzempfindlichkeit. Bonding ist sehr wichtig für Kinder von Diabetikerinnen, denn der frühe (Haut)Kontakt stabilisiert den Blutzucker deutlich besser“, berichtet Stefanie Müller-Hückmann. Sie ist Hebamme und Still- und Laktationsberaterin und hat ihre Weiterbildungsarbeit über das Thema Bonding geschrieben. „Sollte der direkte Hautkontakt nicht sofort möglich sein, achten wir darauf, das Bonding schnell nachzuholen. Das sogenannte Re-Bonding kann jederzeit während des Aufenthaltes in der Hunsrück Klinik wiederholt werden. Dafür wird beispielsweise gerne auch das neu gestaltete Stillzimmer genutzt, in das sich Eltern mit ihrem Kinde zurückziehen können.

Um die Bindung weiter zu verstärken, ist in Simmern das „24h Rooming-In“ selbstverständlich: Mutter und Kind sind rund um die Uhr im selben Zimmer. Und im Familienzimmer dürfen auch der Vater oder die Begleitperson übernachten, um die erste Zeit gemeinsam zu verbringen.

Wer sich über die Möglichkeiten von Bonding genauer informieren möchte, kann das bei einer der nächsten Info-Veranstaltungen machen. Am 9. Januar stellt sich das Team der Geburtshilfe persönlich vor, der nächste Still-Informationsabend findet am 25. Januar statt. Anmeldungen unter Telefon 06761 / 81-1370.