Schon in der Schulzeit stand für Wolfgang Baumann fest: „Ich möchte Gemeindepfarrer werden.“ Das Erleben der Pfarrer in seiner Jugend und seine Mitarbeit im Kindergottesdienst und in der Jugendarbeit weckten bei ihm schon sehr früh den Wunsch, sich weiter in der Kirche zu engagieren. An seiner Begeisterung, der Menschenfreundlichkeit Gottes nachzuspüren und diese weiterzugeben, hat sich bis heute nichts geändert. So hielt Wolfgang Baumann an seinem Berufswunsch fest, studierte Evangelische Theologie und wurde vor 40 Jahren Pfarrer. Am Palmsonntag verabschiedet sich der Seelsorger der Diakonie Kliniken Bad Kreuznach und der rheinland-pfälzischen Hospize der Stiftung kreuznacher diakonie in den Ruhestand. Zeit für einen Rückblick.
Geboren und aufgewachsen in Saarbrücken als drittes von vier Kindern gestaltete Wolfgang Baumann als Gymnasiast in einem großen Team den Kindergottesdienst und die offene Jugendarbeit seiner Kirchengemeinde mit. Schon damals lernte er seine Frau Sabine Altmeyer-Baumann kennen, die damals die Jungschar-Gruppe leitete. „Ich hatte ein großes Interesse daran, biblische Texten zu verstehen. In der Vorbereitung der Gottesdienste haben wir uns so lange mit den Texten beschäftigt, bis sie sich uns öffneten und berührten“, erzählt er. Weil er ein naturwissenschaftliches Gymnasium besucht hatte, musste er sich Latein, Hebräisch und Griechisch im Studium erarbeiten, war weiterhin in der Kirchengemeinde aktiv und organisierte Kinder- und Jugendfreizeiten nach Holland und Frankreich. Gemeinsam mit großen Gruppen ging es zu den Evangelischen Kirchentagen in ganz Deutschland. Mit 19 Jahren zog er zusammen mit seiner Frau nach Mainz – er studierte Theologie, sie Soziologie. 1985, nach dem ersten Theologischen Examen, kam er in die Kirchengemeinde Roxheim-Mandel. „Bei Pfarrer Karl-Ulrich Nordmann habe ich gelernt, strukturiert zu arbeiten“, erzählt Wolfgang Baumann und lacht.
1989 Wechsel zur Stiftung kreuznacher diakonie
Seine Vikariats-Gemeinde brachte Wolfgang Baumann großes Vertrauen entgegen. „Ich hatte alle Freiheit, durfte sofort den Gottesdienst an Heiligabend gestalten, neue Konzeptionen ausprobieren und mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden auf Freizeit fahren“. 1989 lud ihn der damalige Theologische Vorstand der Stiftung kreuznacher diakonie, Pfarrer Dietrich Humrich ein: „Kommen Sie vorübergehend in die Diakonie. Sie können sich ja später noch von dort aus in eine Gemeinde bewerben.“ Aus diesem „vorübergehend“ wurden 36 Dienstjahre. Damals liefen die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Stiftung. „Das war eine meiner ersten Aufgaben. Zusammen mit Diakonissen, Mitarbeitenden, Menschen mit Behinderung und vielen Gästen haben wir einen Sommer lang gefeiert“, erinnert sich Baumann.
Aktiv in vielen Geschäftsbereichen
Anschließend war er in der Wohnungslosenhilfe tätig, feierte Gottesdienste auf der Eremitage in Bretzenheim und dem Niederreidenbacher Hof, begleitete die Bewohnerinnen, Bewohner und die Mitarbeitenden seelsorglich. Im Rehabilitationszentrum Bethesda, in dem Wolfgang Baumann ab 2000 als Pfarrer in der Geschäftsführung tätig war, gab es wie in der Wohnungslosenhilfe viele Neukonzeptionen: Die Ambulantisierung, die Arbeit mit Frauen in Not, die Mobile Reha, die Beratungsstelle Unterstützte Kommunikation sowie den Rehasport. Das Aufarbeiten von Gottesdienstinhalten für Kinder und Jugendliche im Konfirmandenunterricht in der Bethesda-Schule sowie in den inklusiven sonntäglichen Gottesdiensten der Morgensternkirche für Menschen mit Behinderung waren Wolfgang Baumann besonders wichtig. Alle zwei Jahre gehörte für ihn die Teilnahme am Deutschen Evangelischen Kirchentag zu seinen Lieblingsaufgaben: Mit mehr als 100 Menschen aus der Stiftung fuhren sie nach München, Köln, Leipzig, Hamburg… Zu Baumanns Job gehörte das Finden von Begleitpersonen und er trug dafür Sorge, dass in die Gemeinschaftsquartiere das nötige Equipment für die jeweiligen Bedürfnisse geschafft wurde. Passend zu seinem langjährigen Engagement bei diesen Großveranstaltungen fällt der letzte offizielle Arbeitstag von Wolfgang Baumann, der 30. April, zusammen mit dem Beginn des diesjährigen Kirchentages in Hannover, den er nun privat mit seiner Frau besuchen wird.
Herausfordernde Leitungsfunktion
2007 übernahm Wolfgang Baumann das Amt des stellvertretenden Theologischen Vorstandes, fünf Jahre später wurde er in den Vorstand berufen. „Bedarfsgerechte Ausweitung und Differenzierung der Angebote der Stiftung kreuznacher diakonie, um auch in Zukunft nahe bei den Menschen zu sein,“ so beschreibt er die damalige Vorstandsarbeit. „Die Arbeit war herausfordernd, da manche Bereiche in wirtschaftliche Schieflage gerieten und die Zinsen für unser Stiftungsvermögen in den Keller rauschten.“ Als 2015 die Seelsorge-Stelle im Eugenie Michels Hospiz in Bad Kreuznach und dem Aenne Wimmers Hospiz frei wurde, übernahm
Baumann gerne diese Aufgabe. „Es ist eine wichtige und sinnerfüllende Aufgabe, sterbende Menschen und ihre Angehörigen zu begleiten. An den Sterbebetten bin ich oft der Lernende, der mit Dankbarkeit und Zufriedenheit zurückbleibt.“ Die Arbeit im Arbeitskreis christlicher Kirchen (ACK) und die Begegnung mit Musliminnen und Muslimen, mit Jüdinnen und Juden im Interreligiösen Gesprächskreis liegt Baumann besonders am Herzen. Das gemeinsame Friedensgebet und den Dialog mit den anderen Religionen wertet er als wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander in Bad Kreuznach.
Worauf er sich im Ruhestand freut? „Darauf, zeitlich nicht mehr so gebunden zu sein. Ich weiß noch nicht, wie das sein wird, wenn keiner mehr anruft, niemand mehr Mails schreibt – da bin ich gespannt.“ Ansonsten freut er sich auf das Frühjahr und die Arbeit in seinem Garten. Mit seinen Geschwistern hat er bereits Fahrradtouren geplant. Dass ihm langweilig werden könnte, glaubt er nicht – schließlich könne er ja weiter Gottesdienste im Kirchenkreis halten und Fortbildungs-Kurse in der Akademie geben. „Außerdem werde ich wahrscheinlich in der Trauerarbeit weitermachen.“ Am Palmsonntag, 13. April, würde er sich jedenfalls freuen, wenn viele Weggefährtinnen und -gefährten um 14 Uhr zum Gottesdienst in die Diakonie-Kirche kämen. „Ich bin sehr dankbar, den Abschied feiern zu können“, betont er.