Bad Kreuznach | Diakonin Doris Borngässer in Ruhestand verabschiedet

Diakonin Doris Borngässer wurde jetzt nach 45 Jahren in der Stiftung kreuznacher diakonie mit einem feierlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Im Laufe von mehr als zwei Jahrzehnten hat sie Generationen von Diakoninnen und Diakonen geprägt. Am Anfang ihrer Karriere hätte sie selbst das wohl am wenigsten erwartet.

Denn als Doris Borngässer vom Arbeitsamt in Mainz den Tipp bekam, die Ausbildung zur Diakonin zu absolvieren, musste sich die damals frisch gebackene 19-Jährige Erzieherin erst einmal drüber informieren, was Diakoninnen und Diakone überhaupt so machen. „Eigentlich wollte ich Gemeindepädagogik studieren, weil mir die Arbeit in der Kirchengemeinde im Kindergottesdienst und als ehrenamtliche Mit-Organisatorin in der Jugendarbeit so viel Spaß gemacht hat – aber dafür hätte ich das Abi nachholen müssen“, erzählt sie. 1979 bewarb sie sich schließlich doch bei verschiedenen Trägern von Diakonen-Ausbildungen und stellte beim Bewerbungswochenende in Bad Kreuznach fest: „Ich in falsch bei Ihnen, weil Sie ja nur für Menschen mit Behinderung arbeiten“. Diakon Hajo Mahlendorf, damals Leiter der Diakonen-Ausbildung, überzeugte die junge Frau in einem sehr persönlichen Brief jedoch davon, es sich noch einmal anders zu überlegen und zumindest das einjährige Grundseminar zu absolvieren.

Doris Borngässer blieb und entdeckte bald ihr Herz für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Im Grundseminar wechselten sich Theorie und Praxis ab. Sie lernte die Angebote der Behindertenhilfe an den Standorten Meisenheim und Bad Kreuznach kennen und stellte fest: „Das ist hundertprozentig meins.“ Zwischen das Grundseminar und Oberkurs der Diakonen-Ausbildung schob sie daher die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin dazwischen. 1986 wurde sie eingesegnet. Nach der Geburt von Sohn Felix folgte dann noch ein Studium in Erziehungswissenschaften, immer begleitet von Stellenanteilen bei der Stiftung kreuznacher diakonie, hauptsächlich im Aufbau und der Begleitung von Außenwohngruppen für Menschen mit Behinderung.

Nach dem Ende ihres Studiums baten die damaligen Vorstände Pfarrer Dietrich Humrich und Dr. Frank Rippel Doris Borngässer, die Diakonen-Ausbildungder Stiftung kreuznacher diakonie zu übernehmen. Sie zögerte zunächst. „Haben Sie doch Vertrauen in uns. Wir sehen, was in Ihnen steckt – wir haben Vertrauen in Sie!“ Mit diesen Worten schafften sie es, Doris Borngässer zu überzeugen. Sie war an der richtigen Stelle angekommen. „Ich habe unglaublich gerne Menschen begleitet in ihren beruflichen Wagnissen – das wurde eine Herzenssache für mich“, berichtet sie.

Seit 2004 hat Doris Borngässer die Diakonen-Ausbildung in Bad Kreuznach maßgeblich geprägt, indem sie die inhaltliche Ausrichtung, die Organisation und die persönliche Begleitung der Auszubildenden verantwortete. Unter ihrer Leitung wurde die Ausbildung nicht nur als reine Wissensvermittlung verstanden, sondern als umfassende Entwicklung von Haltung und Persönlichkeit. Sie betonte stets, dass Diakoninnen und Diakone Brückenbauer zwischen Kirche, Diakonie und Gemeinwesen seien und ihre Aufgabe darin bestehe, Menschen in existenziellen Lebensfragen zu begleiten. Doris Borngässer legte besonderen Wert darauf, dass die Ausbildung praxisnah und lebensrelevant gestaltet wird. Dazu gehörte auch, dass die Teilnehmenden ihre eigenen beruflichen und persönlichen Erfahrungen aktiv einbringen konnten.

Neben der Diakonen-Ausbildung war Doris Borngässer viele Jahre lang zudem Fachfrau für ethische Fragestellungen in der Stiftung kreuznacher diakonie. Mit ihrem Namen verbunden bleiben die Ethik-Foren, Projekte wie „Kunst trotz(t) Demenz“, „Kunst trotz(t) Armut“, die Arbeit am Leitbild und – ihr in besonderer Erinnerung geblieben – das Versöhnungsprojekt mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern aus der Ukraine, die in den damaligen Diakonie-Anstalten arbeiten mussten. „Diese hochbetagten Menschen haben uns teilhaben lassen an dem Unrecht, das ihnen widerfahren ist, ohne dabei bitter oder vorwurfsvoll zu sein“, erinnert sie sich.

Ihrer Nachfolge hinterlässt die 64-jährige ein wohlbestelltes Feld. Um für sich selbst den richtigen Übergang in den Ruhestand zu finden, hat sie sich vorgenommen, zunächst einmal auf Abstand bleiben zur gerade einmal einen Kilometer von ihrer Haustür entfernten alten Wirkungsstätte – auch, wenn ihr das bestimmt nicht immer ganz leichtfallen wird.