Spielen und Trainieren mit der Memore-Box
„Super!“, „Nein! Rechts abbiegen, es geht nach Koblenz!“, „Ohhh - haarscharf vorbei!“ „Macht gar nix. Nächste Runde klappt´s!“. Wenn solche Anfeuerungsrufe durch den Flur im Erdgeschoss des Bad Kreuznacher Seniorenheimes tönen, dann wissen alle, dass die Memore-Box im Einsatz ist. Das Elisabeth Jaeger Haus gehört zur Seniorenhilfe der Stiftung kreuznacher diakonie und sammelt seit Juni 2019 Erfahrungen im Umgang mit dieser Spielekonsole für Seniorinnen und Senioren. Das ist möglich, weil die Barmer Ersatzkasse dieses Projekt, das der Sturz-Prophylaxe dient, finanziert. Heute ist die Memore-Box aus dem Alltag der Einrichtung nicht mehr wegzudenken. „Es kamen immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner dazu, die erst nur zugeschaut haben, sich dann selbst an die Spiele trauten und mittlerweile Wettkämpfe ausfechten. Viele haben den Ehrgeiz entwickelt, besser zu werden, als beim letzten Mal“, berichtet Amina Galette, Koordinatorin der Sozialen Betreuung im Haus.
Die Seniorinnen und Senioren können kegeln, auf der Autobahn eine Sonntagsfahrt mit dem Motorrad unternehmen, mit dem Punktesammeln als Postbote auf dem Fahrrad beginnen, Tischtennis spielen, tanzen oder auch singen. Bei allen Spielen ist hier neben körperlicher Betätigung, die von der Kamera des Gerätes genau erfasst wird, auch das Gedächtnis gefragt. Sonntagsfahrer steuern das Motorrad auf der Autobahn durch Bewegungen des Oberkörpers nach rechts oder links – wobei die Zuschauer im Raum ganz oft dabei ertappt werden, dass sie mitmachen – und müssen sich gleichzeitig merken, welches Reiseziel am Anfang genannt wurde. Das ist bei weitem nicht so leicht, wie es aussieht. „Ich bin schon ganz oft in die Leitplanke gefahren“, bekennt Amina Galette. Gerade das Postboten-Spiel hat es in sich: Während der Fahrt durch die Straßen tauchen rechts und links Briefkästen in zwei verschiedenen Farben auf, in denen die jeweils richtigen Briefe eingeworfen werden müssen – und die müssen zuerst mit der Hand hinten vom Gepäckträger geholt werden. Rechte Hand für blaue, linke Hand für gelbe Umschläge.
Horst Ratgeber ist von Anfang an dabei und nahm an der Studie teil, die das Elisabeth Jaeger Haus rund um den Nutzen der Memore-Box ein Jahr lang durchführte. Er konnte den rechten Arm nicht mehr richtig bewegen und hatte anfangs Schwierigkeiten gerade beim Kegeln. Das hat sich völlig geändert: Heute verteilt er als Postbote munter die farbigen Briefe in alle Richtungen. Noch während Amina Galette von diesem schönen Erfolg berichtet, sagt eine Bewohnerin: „Das muss man auch können!“ Offenbar ganz gelassen nimmt sie es sportlich, dass sie gerade beim Kegeln genau durch die Mitte geworfen hat – dorthin, wo nach ihrem ersten Wurf kein einziger Kegel mehr stand.
Gemeinsam mit dem Leiter des Elisabeth Jaeger Hauses, Diakon Michael Stahl, tüftelt Amina Galette derzeit daran, die Memore-Box selbst zu mobilisieren. „Wir wollen noch mehr Bewohnerinnen und Bewohner daran teilhaben lassen“, sagen sie. Dafür muss die technische Ausstattung auf einen rollbaren Unterschrank montiert werden, so dass die Technik problemlos in den Gemeinschaftsräumen auf allen drei Etagen einsetzbar ist. „Dann können wir Spielenachmittage veranstalten, richtige Events damit verbinden und das gegenseitige Kennenlernen, das durch die Konsole schon stark verbessert wurde, weiter fördern“, meint Amina Galette. Derzeit steht die Memore-Box montags, mittwochs und freitags jeweils ab 14 Uhr für das Programm der Sozialen Betreuung zur Verfügung, ansonsten kann jeder bei Interesse seine Fähigkeiten testen oder unter Beweis stellen.
Die Konsole ihrerseits hat schon lange unter Beweis gestellt, dass sie nicht nur ein modernes, technisches Spielzeug ist. Ihr praktischer Nutzen liegt vielmehr darin, dass sie die
- Stand- und Gangsicherheit,
- Motorik,
- Ausdauer
- Koordinationsfähigkeit
der Bewohnerinnen und Bewohner fördert. Gerade vor dem Hintergrund, dass Stürze im Alter besonders gefährlich sind, dienen die Spiele unterbewusst als besondere Prophylaxe. Dabei ist es egal, ob im Stehen oder im Sitzen gespielt wird, so dass auch Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, aktiv werden können.
Natürlich würde sich die Einrichtung auf weitere, neue Spiele freuen, aber noch reicht die Abwechslung aus. Und das letzte Spiel dieser Stunde hat es auch wirklich in sich: Tischtennis. Die Spieler schauen von oben auf die Platte und müssen mit erhobenem Arm den Schläger auf ihrer Seite nach rechts oder links bewegen, um zu verhindern, dass der Ball durchgeht. Zwischendurch tritt aber immer wieder die Seitenbande in Aktion, wodurch der Ball oft eine unerwartete Richtung einschlägt. Da ist beim persönlichen Rekord noch ganz viel Luft nach oben.