Hunsrück | 50 Jahre Diakonie Sozialstationen werden feste gefeiert

Exakt 100 Arbeitsjahre für die Diakonie Sozialstationen kommen zusammen, wenn sich die Leiterin der Ambulanten Dienste, Anja Bindges, ihre Kollegin Birgit Rämmler aus der Diakonie Sozialstation Traben-Trarbach und Sabine Herfen vom Pflegestützpunkt Kirchberg treffen. Die drei sind zwar nicht seit der Gründung im Jahr 1975 dabei, haben aber aufgrund ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit unzählige Entwicklungen in der Pflege miterlebt – und vor allem umgesetzt. „Wir haben die Gemeindeschwestern beerbt, das waren die Diakonissen, die von den Kirchengemeinden beauftragt waren, Menschen im Alter in ihren eigenen vier Wänden zu pflegen“, erzählen sie. Ihre Hilfe diente – damals wie heute – dazu, es den Menschen in der Region auch bei steigendem Pflegebedarf zu ermöglichen, in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben.

In einem kleinen Büroraum in Simmern, direkt über dem Lagerraum für Verbandsmaterialien, Desinfektionsmittel und Messgeräte haben zunächst sieben Krankenschwestern angefangen, für die Diakonie Sozialstation zu arbeiten. Von Kirchberg bis Enkirch, von Oberdiebach bis Büchenbeuren waren sie in ihren Autos unterwegs – pro Jahr sind da schnell mehr als 20.000 Kilometer auf dem Zähler jedes Fahrzeugs zusammengekommen. „Nicht selten ist es passiert, dass ich gerade Zuhause angekommen bin und dann gleich schon wieder losmusste, weil inzwischen auf dem Anrufbeantworter neue Aufträge eingegangen waren“, erinnert sich Birgit Rämmler. Übergaben erledigten die Schwestern regelmäßig in den Fluren der eigenen Wohnungen, also wortwörtlich zwischen Tür und Angel, oder – wenn es die Zeit zuließ – bei einer Tasse Kaffee in der eigenen Küche. Die Dokumentation der Leistungen war zu Beginn ihrer Tätigkeit noch sehr überschaubar: „Es gab eine grüne Karte für die Pflege, vielleicht auch eine ärztliche Verordnung als Durchschlag – das war´s“, so Anja Bindges. Von Datenschutz war keine Rede. Heute sind die Pflegefachkräfte mit mobilen Geräten ausgestattet, um auch unterwegs jederzeit Zugriff auf die jeweiligen Akten zu haben.     

Blutdruck messen, Zuckerwerte bestimmen, Verbände wechseln, Stützstrümpfe anlegen und natürlich auch Körperpflege zählten Mitte der 1980er Jahre zu den Aufgaben der gelernten Krankenschwestern. Die damals 20-jährige Anja Bindges musste sich bei ihrem Einstellungsgespräch vor den Pfarrern des Kirchenkreises ein Lächeln verkneifen, als die Frage aufkam: „Sie werden auch Männer pflegen müssen – ist das ein Problem für Sie?“ Die Krankenschwestern lernten die Wohnverhältnisse der Klientinnen und Klienten kennen und gingen dabei nur in den seltensten Fällen durch die Haustür, weil das Bad ohnehin im Schuppen neben dem Haus entstanden war. Die Menschen, zu denen sie wollten, waren ohnehin über einen Nebeneingang besser zu erreichen oder aber – nicht selten bei Schnee, Eis oder Hochwasser an der Mosel – gab es andere Hindernisse. „Irgendeinen Weg in die Wohnung hast du immer gefunden. Wir sind notfalls auch von der Feuerwehr im Boot zum Spritzen von Insulin gebracht worden“, erzählt Anja Bindges. Birgit Rämmler ergänzt: „Ich bin mehr als einmal auch durch Fenster geklettert, weil es einfach nicht anders ging.“   

In den fünf Jahrzehnten haben sich die Rahmenbedingungen für die häusliche Pflege ständig verändert: Von gesetzlichen Vorgaben – insbesondere durch die Einführung der Pflegeversicherung – über die Weiterentwicklung von medizinisch-pflegerischen Produkten oder Hilfsmitteln, die auch pflegenden Angehörigen die Aufgaben erleichtern, bis hin zur Digitalisierung der Tourenplanung, Dokumentation und Abrechnung haben die Pflege-, Hauswirtschafts- und Betreuungsteams viel erlebt und umgesetzt. Auch den gesellschaftlichen Wandel in diesem Bereich erlebten sie hautnah mit. „Früher war es eine Ausnahme, dass ein Senior allein Zuhause lebte. Die Menschen wurden von ihrer Familie und der Nachbarschaft versorgt und gepflegt“, berichtet Anja Bindges. Und Birgit Rämmler fügt hinzu: „Mittlerweile wiegen die Mappen mit den Schlüsselbunden für die verschiedenen Haustüren einer Tour fast ein Kilo, weil mittlerweile die meisten Menschen im Alter alleine leben.“

Die Diakonie Sozialstationen versorgen seit ihrem Bestehen aber beileibe nicht nur Menschen im Alter. „Mein erster Klient war ein vier Wochen alter Säugling“, erinnert sich Sabine Herfen, die im Pflegestützpunkt über die verschiedenen Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherungen berät. Manche Klientinnen und Klienten sind nämlich – beispielsweise nach einem Unfall – nur vorübergehend auf Pflege oder Unterstützung im Haushalt angewiesen. Und noch etwas hat sich im Vergleich zu früher verändert: „Damals mussten wir Klientinnen und Klienten finden – heute müssen wir uns um Personal bemühen“, so Anja Bindges. Mehr als 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von Bad Kreuznach, Büchenbeuren, Kirchberg, Rheinböllen, Simmern und Traben-Trarbach aus unterwegs, um rund 1.500 Klientinnen und Klienten zu versorgen. Dazu kommen mehr als 800 Menschen, die sich als Pflegegeldempfänger von den Diakonie Sozialstationen über die ihnen zustehenden Leistungen und Lösungsmöglichkeiten für akute Pflegebedarfe beraten lassen.

Wenn drei Mitarbeiterinnen aus den Diakonie Sozialstationen allein schon auf 100 Dienstjahre kommen, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass ihnen ihre Arbeit sehr am Herzen liegt. Und das spürt man. Anja Bindges, Birgit Rämmler und Sabine Herfen gelingt es, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in die Teams zu tragen. Ihre Begeisterung für den Beruf stärkt den Zusammenhalt und motiviert alle, die Wege der Entwicklung der ambulanten Pflege mitzugehen und sie zu gestalten. Obwohl sowohl der Bedarf an Leistungen als auch die Zahl der Mitarbeitenden in den Sozialstationen in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sind, sind die drei zurecht stolz darauf, dass sie alle Entwicklungen und Veränderungen im Pflegebereich fachlich und technisch mitgestaltet haben – und darauf, dass es gelungen ist, dabei die familiäre Atmosphäre untereinander zu erhalten.

Foto: Drei Mitarbeiterinnen, 100 Jahre Arbeitserfahrung bei den Diakonie Sozialstationen: Die Leiterin der Ambulanten Dienste, Anja Bindges, ihre Kollegin aus der Diakonie Sozialstation Traben-Trarbach, Birgit Rämmler und Sabine Herfen vom Pflegestützpunkt Kirchberg.

Übrigens: Die einzelnen Diakonie Sozialstationen laden an verschiedenen Tagen herzlich ein: