Willkommen im Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie
Der Fachbegriff Hernie ist für viele noch ein Fremdwort. Angesprochen sind Patientinnen und Patienten mit jedweder Form eines „Bruches“ im Bereich des Weichgewebes (Leisten-, Bauchwand-, Narben- oder Zwerchfellbruch).
Betroffene mit derartigen Beschwerden, auch mit komplizierten Wiederholungsbrüchen, sind in unserer Abteilung gut aufgehoben. Das Gütesiegel der Deutschen Herniengesellschaft, das für eine qualitätsgesicherte Versorgung von Hernienerkrankungen steht und seit 2020 geführt wird, hat unsere Abteilung bereits erhalten. Mit dem Zertifikat als Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie bescheinigt uns die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie nicht nur eine hohe Expertise und langjährige, umfassende Erfahrung auf dem Gebiet der Hernienchirurgie, sondern stellt auch sicher, dass stets nach dem aktuellen medizinischen Wissensstand und den modernsten Behandlungsverfahren gearbeitet wird. Wissenschaftliche Evidenz ist nicht verhandelbar und so unterliegt auch unser Zentrum regelmäßigen Qualitätskontrollen, die eine stets leitliniengerechte Behandlung gewährleisten.
Die weltweit häufigste Operation, der Leistenbruch, oder auch andere Hernien, sind dank unserer schonenden Operationstechniken in den meisten Fällen nur mit einem ambulanten, allenfalls kurzstationären Aufenthalt verbunden.
Unser Leistungsspektrum umfasst jedoch auch große und komplexe Bauchwanddefekte, deren Ergebnisse bis zur gesicherten Wundheilung für eine gewisse Zeit stationär überwacht werden müssen, um sowohl biomechanisch als auch kosmetisch das bestmögliche Ergebnis zu gewährleisten.
Leistungsspektrum
Insgesamt werden in Deutschland jährlich rund 350.000 Hernien operiert. Für jede Hernienform stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die sich vor allem in den Zugangswegen (offene Schnitt- oder Schlüssellochtechnik) unterscheiden.
Für einen nachhaltigen Erfolg (außer bei Kindern und Jugendlichen) zum definitiven Verschluss der Bruchlücke ist der Einsatz von Kunststoffnetzen in der Hernienchirurgie nicht mehr wegzudenken. In ständiger Weiterentwicklung werden die heutigen Implantate aus immer feineren Materialien gewebt, bestehen aus immer weniger Fremdmaterial und sind in der Regel sehr gut verträglich.
In unserer Abteilung kümmern wir uns um:
- Leistenbrüche
- Schenkelbrüche
- Nabelbrüche
- Narbenbrüche und große Bauchwanddefekte
- Zwerchfellbrüche
Welches Verfahren für Sie das Richtige ist - ob mit oder ohne Netz, in Vollnarkose oder örtlicher Betäubung, ambulant oder stationär - besprechen wir mit Ihnen ausführlich und individuell in unseren Sprechstunden. Auch für eine Zweitmeinung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Operationsverfahren beim Leistenbruch/Schnenkelbruch
Der Leistenbruch ist die häufigste Hernie beim Menschen, weltweit die häufigste Operationsindikation und wird in Deutschland jährlich ca. 220.000 Mal operiert. Etwa 25 Prozent aller Männer entwickeln im Laufe ihres Lebens einen Leistenbruch. Bei Frauen sind es nur etwa zwei bis drei Prozent. Dafür treten Schenkelbrüche bei Frauen häufiger auf und das Risiko einer Einklemmung ist deutlich höher. Eine Leisten- oder Schenkelhernie bei Frauen sollte grundsätzlich operativ behandelt werden.
Zur Behandlung eines Leisten- oder Schenkelbruchs stehen offene und endoskopische Verfahren mit und ohne Implantation eines Kunststoffnetzes zur Verfügung. Die Operationsverfahren ohne Netz werden jedoch heute von den deutschen und internationalen Herniengesellschaften für Erwachsene nicht mehr empfohlen, da es bei den netzbasierten Verfahren zu deutlich weniger Rezidiven (Wiederauftreten) kommt. Lediglich bei Kindern und Jugendlichen ist ein Verfahren ohne Netz indiziert.
Die Wahl des Operationsverfahrens erfolgt individuell. Standardmäßig werden bei uns durchgeführt:
Offene Leistenhernienversorgung nach „Lichtenstein“
Bei diesem weltweit am häufigsten angewandten Verfahren wird die Bruchlücke über einen etwa sechs bis acht Zentimeter langen Schnitt in der Leistengegend offen operiert und mit einem Kunststoffnetz verschlossen. Neben der obligatorischen Netzeinlage wird die Bruchlücke während der Operation direkt verschlossen.
Da die Schlüssellochchirurgie aufgrund ihres Entwicklungsstandes die Versorgung der meisten Leisten- und Schenkelhernien ermöglicht, ist diese Operation neben dem ausdrücklichen Patientenwunsch nach diesem Verfahren insbesondere Patienten mit einem erhöhten Operationsrisiko vorbehalten (z.B. bei Herz- und/oder Lungenerkrankungen oder bei Dauertherapie mit Blutverdünnern). Auch bei lange bestehenden, sehr großen oder eingeklemmten Brüchen ist dieses Verfahren der endoskopischen Operation überlegen und kann in örtlicher Betäubung oder rückenmarksnaher Betäubung durchgeführt werden.
Bei Kindern und Jugendlichen kommt ein modifiziertes, aber ebenfalls offenes Verfahren zum Einsatz. Bei der sogenannten Shouldice-Operation erfolgt ein mehrschichtiger Verschluss der Bruchlücke, auf eine Netzeinlage wird beim wachsenden Jugendlichen bewusst verzichtet.
Endoskopische Leistenhernienversorgung im TAPP Verfahren
Die TransAbdominelle Präperitoneale Patchplastik kurz TAPP, ist das in Deutschland am häufigsten angewendete endoskopische Verfahren bei Leistenbrüchen. Bei dieser Schlüssellochtechnik (endoskopische/laparoskopische Operation) werden die minimal-invasiven Instrumente und eine Kameraoptik über drei sehr kleine Schnitte in die Bauchhöhle eingeführt. Nach Darstellung der Bruchlücke von innen wird ein Netz, das die Bruchlücke weit überdeckt, an der Innenseite der Bauchwand befestigt. Für diesen Eingriff ist eine Vollnarkose erforderlich. Durch die sehr kleinen Schnitte ist die Gefahr von Wundheilungsstörungen nach der Operation geringer als beim Lichtenstein-Verfahren und der große Charme dieser Operation besteht darin, dass während der Operation überprüft werden kann, ob auf der Gegenseite ein bisher unentdeckter Bruch vorliegt, der dann in der gleichen Sitzung ohne Erweiterung der Schnitte mit versorgt werden kann. Dieser „letzte diagnostische Blick“ ist bei den anderen Verfahren nicht möglich.
Für unsere endoskopischen Operationsverfahren setzen wir modernste 4K-Technologie in den Optiken ein.
Im Vergleich lässt sich unabhängig von der Indikation sagen, dass das endoskopische Verfahren eine biomechanisch bessere Platzierung des Netzes erlaubt, ein geringeres Risiko für Wundheilungsstörungen und chronische Nervenschmerzen aufweist. Zudem ist die Rekonvaleszenz deutlich kürzer.
Leistenhernien-Rezidiv:
Beide Verfahren bergen trotz der lege artis durchgeführten Operation das Risiko, dass sich im Verlauf ein Wiederholungsbruch entwickelt. Dieses Risiko liegt bei unter einem Prozent. Aufgrund der Häufigkeit der durchgeführten Operationen gibt es jedoch auch entsprechend viele Patienten mit einem Leistenhernien-Rezidiv. Die erneute Versorgung eines Leistenbruchs erfolgt in der Regel durch das gegensätzliche Verfahren zur Erstoperation. Ein zuvor offen versorgter Leistenbruch (nach Lichtenstein) wird bei einem Wiederauftreten mittels endoskopischen Verfahren therapiert und umgekehrt.
Operationsverfahren bei einem Nabelbruch
Nabelbrüche können von Geburt an bestehen oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Viele kleinere Nabelhernien sind klinisch stumm, d.h. sie verursachen keine Probleme. Bei etwas größeren Brüchen (> 1 cm) steigt das Risiko einer Einklemmung und es besteht die Notwendigkeit einer Operation. Sollten kleinere Brüche bereits Probleme bereiten, ist die Indikation zur operativen Versorgung ebenfalls gegeben.
Bei kleineren Bruchlücken (< 2 cm) kann auf ein Kunststoffnetz verzichtet werden. Hier wird die Lücke aber zumindest mit einem nicht auflösbaren Nahtmaterial verschlossen. Größere Lücken, aber auch bereits kleinere Bruchpforten, die einer hohen mechanischen Belastung standhalten müssen, werden mit einer Netzeinlage behandelt.
Die Eingriffe ohne Netzeinlage sind in der Regel alle ambulant durchführbar. Patienten, die eine Augmentation der Bauchdecke durch ein Implantat erfahren, bleiben in Absprache mit dem Operateur gegebenenfalls einige Tage stationär im Krankenhaus. Nabelbrüche werden bis auf wenige Ausnahmen „offen“ versorgt. Wird ein Netz implantiert, so wird hier die biomechanisch beste Lage angestrebt, d.h. möglichst tief, direkt über dem Bauchfell. Eine weitere häufige Netzlage ist im Bereich der geraden Bauchmuskulatur, die sogenannte Sublayermethode.
Bei ausgewählten Patienten, da nur diese auch von einem endoskopischen Verfahren profitieren, bieten wir eine laparoskopische IPOM-Operation an. Hierbei wird über eine Bauchspiegelung ein Kunststoffnetz von innen an die Bauchdecke genäht. Die Erfahrung (nicht nur unsere, sondern auch die Lehrmeinung) hat gezeigt, dass ausgewählte Patienten davon profitieren, es aber Ausnahmen gibt.
Operationsverfahren bei einem Narbenbruch
Die häufigste Langzeitkomplikation, auch Ursache für Arbeitsunfähigkeit, Einschränkung der Lebensqualität und natürlich auch kosmetisches Manko nach einer offenen Bauchoperation ist der Narbenbruch. Er tritt bei bis zu zehn Prozent der Patienten auf. Etwa 85.000 bis 90.000 Menschen werden jährlich wegen eines solchen Narbenbruchs operiert.
Ein Narbenbruch birgt wie alle anderen Bruchformen das Risiko, dass sich Darmanteile in der Lücke einklemmen und schließlich die Durchblutung gestört wird, was eine Notfalloperation erforderlich macht. Eine große Hernie verändert aber auch die gesamte Statik der Bauchdecke, die als Gegenspieler der Rückenmuskulatur eine große biomechanische Bedeutung hat. Eine Größenzunahme ist bei jeder Narbenhernie vorprogrammiert, keine Tabletten, Yogaübungen, Pilates oder andere nicht mehr zeitgemäße Anwendungen von „Bruchbändern“ können diese Entwicklung aufhalten. Im Gegenteil, mit zunehmender Größe wird die Operation immer anspruchsvoller.
Bei Narbenbrüchen ist die Augmentation der Bauchwand mit einem Kunststoffnetz obligatorisch, um einer erneuten Bruchbildung vorzubeugen; welches Verfahren letztlich gewählt wird, ist individuell verschieden und entscheidet sich manchmal erst während der Operation.
Gängig und biomechanisch als hervorragende Netzlage ausgezeichnet ist die PUMP-Technik (Preperitoneal Underlay Mesh Plastic). Hierbei wird das individuell angefertigte Kunststoffnetz zwischen Bauchfell und Bauchmuskulatur platziert.
Das wohl am häufigsten angewendete Verfahren ist die klassische Sublay-Technik. Hierbei wird das Netz im hinteren Anteil der geraden Bauchwandmuskulatur platziert.
Ziel ist es immer, eine anatomische Rekonstruktion der Bauchwand zu erreichen und nicht nur die Lücke mit einem Netz zu „überbrücken“. Um die Lücke zu schließen, können auch sogenannte Komponentenseparationen (Ramirez oder TAR) notwendig sein, die von allen benannten Hauptoperateuren mit großer Expertise durchgeführt werden.
Wie auch beim Nabelbruch besteht auch beim Narbenbruch die Möglichkeit der endoskopischen Versorgung mittels Bauchspiegelungsoperation (IPOM-Versorgung). Bei der Wahl der Methodik halten wir uns an die internationalen Empfehlungen, gehen aber auch auf die persönlichen Wünsche und Erfahrungen der Patientinnen und Patienten ein. Ziel ist, das für den Patienten jeweils am besten geeignete Verfahren anzuwenden.
Operationsverfahren bei Zwerchfellbruch oder Refluxkrankheit
Die austherapierte Refluxerkrankung (Insuffizienz des Schließmuskels am unteren Speiseröhrenausgang) allein oder Beschwerden, die auf eine Lücke im Zwerchfell zurückzuführen sind, werden in unserer Klinik regelmäßig behandelt. In Zusammenarbeit mit unserer gastroenterologischen Abteilung werden die für eine Operation unbedingt notwendigen diagnostischen Werte dargestellt, aber auch zunächst die konservativen Therapieansätze ausgeschöpft.
Bei der reinen Refluxkrankheit ist eine Schließmuskelschwäche des unteren Speiseröhrenschließmuskels ursächlich für die Beschwerden. Hier ist die sogenannte Fundoplikatio die ursächliche Therapie
Fundoplikatio nach Nissen Rosetti
Bei der Fundoplikatio nach Nissen Rosetti wird eine Manschette aus dem Magenfundus (der Magenkuppel) um den unteren Teil der Speiseröhre gebildet und mit mehreren Nähten fixiert. Durch diese Umschlingung werden mehrere Veränderungen erreicht: Zum einen wird am Übergang der Speiseröhre zum Magen der sogenannte Hiss'sche Winkel wiederhergestellt. Die dabei entstehende Schleimhautfalte wirkt wie ein Ventil und verhindert den Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre. Der um die Speiseröhre geführte und fixierte Magen engt diese aber auch ein und soll ein erneutes „Hochrutschen“ des Speiseröhren-Magen-Übergangs durch die Zwerchfelllücke in den Brustkorb verhindern.
Hiatoplastik bei Zwerchfellbruch
Sollte ein Zwerchfellbruch die Ursache der Beschwerden sein, werden wir zunächst die Bruchlücke mit Nähten verschließen, um dann den Operationserfolg mit einer Fundoplikatio wie oben beschrieben zu sichern.
Wir führen bei Zwerchfellhernien ausschließlich nahtlose Verfahren durch. Wiederholungsbrüche in diesem Bereich, die eine Netzimplantation erfordern (sogenannte Re-Do`s), überweisen wir gerne an entsprechende Zentren und bieten Ihnen Hilfe bei der Terminvergabe an.
Verwendete Netzimplantate
Bei den meisten Hernien handelt es sich um eine angeborene oder im Laufe des Lebens – etwa nach Operationen – erworbene Schwäche der körpereigenen Strukturen. Eine Reparatur ausschließlich mit „körpereigenem Material“ erweist sich aufgrund der entsprechenden Veranlagung oft als unbefriedigend.
Man muss sogar so weit gehen zu sagen, dass die moderne Hernienchirurgie ohne Netze (beim Erwachsenen) nicht mehr denkbar ist, ja, sogar als „Netzchirurgie“ bezeichnet werden kann.
Durch den medizinischen Fortschritt ist die Qualität der verwendeten Materialien ständig gestiegen, die Netze werden mit immer geringeren Mengen an Kunststoff hergestellt und sind für den Körper sehr gut verträglich.
Die von uns verwendeten Leichtgewichtnetze stammen alle von namhaften Herstellern mit höchster geprüfter Qualität und Verträglichkeit. Allergien, Krebsrisiken oder Netzabstoßungen sind bei diesen Netzen nicht bekannt.
Ein Netz sollte die Bruchpforte ausreichend überlappen, fast alle Netze werden intraoperativ individuell für den Patienten konfektioniert, um das Fremdmaterial auf das Notwendigste zu beschränken.