Geronto-Clowns zaubern Lächeln ins Gesicht von Demenzpatienten

„Es geht nicht zuvorderst um Clownerie, es geht darum, den emotionalen Kontakt zu demenzkranken Menschen herzustellen“, erklärt Peter Frölich seine Mission. Der 64-Jährige ist gemeinsam mit Hans Jürgen Becker zu Gast im Diakonie Krankenhaus Bad Kreuznach. Beide besuchen als Geronto-Clowns Menschen, die neben einer akuten Erkrankung, die den Krankenhausaufenthalt erforderlich macht, zusätzlich an Demenz leiden. Für diese Patienten ist es oft sehr belastend und verwirrend aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen zu werden. Angst und Verunsicherung sind die Folge, manche ziehen sich komplett in sich selbst zurück, sind kaum mehr erreichbar. Geronto-Clowns, die in Senioreneinrichtungen schon länger erfolgreich im Einsatz sind, gelingt es oft, Zugang zu diesen Menschen zu finden. Mit ihrer fröhlichen Anmutung, einer freundlich-zugewandten Art, einem Liedchen und einem Lächeln auf den Lippen zaubern sie Farbe und Licht ins Krankenzimmer.

Frölich und Becker tragen clowntypische Accessoires: quietschbunte Fliege, rote Knollnase, Ringelstrümpfe und Herzchen auf der Wange. „Aber wir übertreiben nicht, tragen keine Maske, das kann die Patienten verschrecken“, sagt der gelernte Sozial-Pädagoge Frölich, der im richtigen Leben Menschen mit psycho-sozialen Problemen hilft. Er hat aus dem Radio von dem Projekt des Gesundheitsministeriums erfahren, das Ehrenamtliche für eine Ausbildung zu Geronto-Clowns suchte. Die Resonanz auf den Aufruf war immens. Im Februar fand ein Workshop statt, das Diakonie Krankenhaus in Bad Kreuznach gehörte zu den Krankenhäusern, die sich erfolgreich als Einsatzgebiet für ein Zweierteam bewarben. „Wir erhielten eine ausgiebige Schulung“, berichtet Becker. Bei der ging es darum, Demenz zu verstehen und zu begreifen, was es für Menschen bedeutet, an dieser Krankheit zu leiden. Becker war mit den Symptomen vertraut. Der ehemalige Personalreferent war durch Erkrankungen in der Familie vorbereitet, wusste, dass es beispielsweise keinen Sinn hat, Demenzpatienten etwas ausreden zu wollen, das faktisch nicht stimmt. „Wenn jemand sagt, ihm sei Geld gestohlen worden, dann ist man eben angemessen betroffen oder empört, denn für denjenigen, der das glaubt, ist es ja zunächst einmal schlimm“, sagt Becker. „Diskutieren hilft nicht – mitfühlen schon“, fasst es sein Teamkollege Frölich zusammen.

Heuschrecke und Wiegenlied helfen
Und dann klopfen die beiden an die Tür einer Patientin, die morgens einen kleinen Eingriff durchstehen musste und ein bisschen verloren in ihrem großen Bett sitzt. Jetzt ist Intuition gefragt. Die beiden Clowns nutzen ihre rote Nase als Türöffner, finden damit Aufmerksamkeit. Fragen, wie es der Frau geht, warum sie hier ist. Die anfängliche Skepsis weicht in diesem Fall schnell einem vorsichtigen Interesse, die hölzerne Heuschrecke, die Becker über ihr Laken gleiten lässt, verfolgt sie mit den Augen. Ein Fadenspiel, wie es Kinder gerne spielen, scheint Erinnerungen zu wecken, die Dame greift mutig in das Gespinst aus Fäden, das Frölich ihr entgegenhält. Nach kurzer Zeit wirkt sie müde. Becker reicht ihr ein Glas Wasser, sie trinkt. Frölich deckt sie zu und stimmt ein russisches Wiegenlied an. Es ist ruhig und friedlich, als die beiden gehen.
„Das war einfach“, finden beide, die bereits einige Male auf diesem Flur unterwegs waren, zu Beginn mit Anleitung. „Manchmal bekommen wir auch keinen Kontakt. Manche Patienten wollen keinen. Es geht nicht darum, dass alles klappt. Aber wir wissen von den Pflegekräften, dass bisweilen Patienten noch lächeln, wenn wir längst weg und vergessen sind.“

Modellprojekt zur Demenzkompetenz
Der Einsatz von Geronto-Clowns in Krankenhäusern ist Teil des vom Land Rheinland-Pfalz angestoßenen Modellprojekts „Demenzkompetenz im Krankenhaus“, an dem sich die Krankenhäuser der Stiftung kreuznacher diakonie beteiligen. Dazu gehört unter anderem, dass man neue Mitarbeitende in der Pflege ebenso wie Angehörige dafür sensibilisiert, was es für einen demenzkranken Patienten bedeutet, ins Krankenhaus zu kommen und wie man ihm den Aufenthalt dort ein Stück erleichtern kann. Dazu gehören einfache Dinge, wie das Mitbringen der Lieblingstasse oder die Frage danach, was der Patient besonders gerne isst. Auch Vanillepudding kann helfen, sich weniger fremd zu fühlen, wenn man damit angenehme Erinnerungen verbindet. Der Einsatz der Geronto-Clowns erfolgt in der Regel zweimal pro Monat nach Rücksprache mit den Pflegeteams, bei Bedarf auch häufiger.