Bad Kreuznach | Acht Arme geben Halt beim plötzlichen Start ins Leben

Sie sind rosa, zitronengelb, lila-türkis gestreift und Regenbogenfarben. Manche haben auch ein Stirnband: Gehäkelte Oktopusse, die den Frühchen im Diakonie Krankenhaus beim Start ins Leben helfen. Wie die kleinen Kraken als invasive Art auf die Frühchen-Station kamen, erklärt Hebamme Christiane Mahler: Im Sommer 2019 stieß sie zufällig auf den Verein „Oktopus für Frühchen“, der die kleinen handgearbeiteten Tintenfische an Krankenhäuser spendet und häkelte gleich das erste Exemplar. Seitdem sind die achtarmigen Kuscheltiere, liebevoll „Oktis“ genannt, fester Bestandteil der Pflege auf der Kinderintensivstation der Stiftung kreuznacher diakonie.

Dr. Christoph von Buch, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin, hat für die „Okti-„Invasion“ klare medizinische Beweggründe: „Bei Frühgeborenen ist der Greifreflex stark ausgeprägt. Sie ziehen gerne an Schläuchen oder Kabeln wie der Magensonde, die wir zur Überwachung und Therapie benötigen. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch schmerzhaft. Ein Oktopus im Inkubator kann das verhindern. Dann halten sich die Kleinen stattdessen an den gehäkelten Ärmchen fest.“ Diese taktilen Reize können auch eine beruhigende Wirkung haben und so zur Entspannung beitragen. „Sie geben Halt und Sicherheit, wenn Mama und Papa mal nicht da sein können“, so der Chefarzt.

Die Idee stammt ursprünglich aus Dänemark, als eine dänische Mama 2013 ihrem viel zu früh geborenen kleinen Kämpfer einen liebevoll gehäkelten Oktopus in den Inkubator legte, wodurch ihr Baby ruhiger wurde. Seitdem haben sich die Oktis in vielen Ländern ausgebreitet.

Im Diakonie Krankenhaus werden die Eltern über die Tintenfische informiert und können selbst entscheiden, ob die Häkeltiere mit in den Inkubator einziehen dürfen. Jeder der etwa 18 cm großen Oktis ist ein Unikat und wird von Freiwilligen gehäkelt, darunter auch Christiane Mahler. „Zur Sicherheit müssen bestimmte Vorgaben, wie Größe, Garn und Füllmaterial beachtet werden. Jeder gehäkelte Tintenfisch wird vom Verein kontrolliert, gewaschen und dann kostenlos an die teilnehmenden Krankenhäuser verteilt. Und wenn die Kleinen entlassen werden, dürfen sie die bunten Kuscheltiere auch mit nach Hause nehmen“, erzählt Mahler, die mittlerweile Botschafterin des Vereins ist. Wer den Verein unterstützen möchte, findet unter www.oktopusfuerfruehchen.de weitere Informationen und eine Häkelanleitung.

In Deutschland kommen jährlich fast 63.000 Frühgeborene zur Welt. Die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe und die Abteilung für Neonatologie und Pädiatrie am Diakonie Krankenhaus bieten ein umfassendes Leistungsspektrum für die Versorgung von Kindern aller Altersstufen, speziell auch extrem frühgeborener Kinder. Als Perinatalzentrum Level 1 bietet die Stiftung kreuznacher diakonie dabei die höchste Versorgungsstufe für Neu- und Frühgeborene.