Saarland | Pfarrer Jörg Heidmann zum Thema Leben im Sterben

Zeitweise hat sich Pfarrer Jörg Heidmann an die Dementoren aus den „Harry Potter“-Romanen erinnert gefühlt, Wesen, die in dieser Fantasiewelt das Glück aus den Menschen saugen. In der schlimmsten Corona-Zeit, während in manchen Einrichtungen der Stiftung kreuznacher diakonie eine Quarantäne galt, schien es ihm so, als wären ähnliche Kräfte am Werk, die einigen Lebensmut aus den Bewohnerinnen und Bewohnern hinaussogen. „Nach dieser Zeit der besonderen Quarantäne war vieles  wieder gut“, berichtet er. Dazu habe sicher auch das hohe Engagement der Mitarbeitenden in den Häusern beigetragen. Diese Beobachtungen belegen seine These, dass im Leben wie im Sterben Beziehungen zwischen Menschen die entscheidende Rolle spielen.

Im Rahmen der ökumenischen „Woche für das Leben“, die am Samstag beginnt, berichtet er von seinen Erfahrungen aus den Krankenhäusern und Hospizen sowie den Stationären Senioreneinrichtungen der Stiftung kreuznacher diakonie im Saarland. „Karfreitag und Ostern sind unsere christlichen Anknüpfungspunkte an die Themen Leben und Sterben“, sagt er. „Leben“ bedeutet „in Beziehung sein“ und „Tod“ ist das Gegenteil davon. Jesus wendet sich am Kreuz an seine Mutter, seinen Jünger, an die beiden mit ihm gemeinsam Gekreuzigten, er sorgt im Sterben für Beziehung. „Die Botschaft von Ostern, die Botschaft von Gottes Liebe, die sich als stärker erweist als der Tod, beginnt in den biblischen Ostergeschichten mit einem neuen Angesprochen-werden.“

Starke Beziehungen begegnen Jörg Heidmann auch immer wieder im Alltag. Bei einem Krankenhaus-Patienten stand über viele sehr schwierige Wochen beispielsweise das Bild der Ehefrau immer auf dem Nachttisch und bei den Gesprächen mit ihm oder Telefonaten vom Zimmer aus mit der Ehefrau merkte er, wie diese Beziehung den Mann „sehnsüchtig berührt, aber auch unglaublich getragen“ habe – trotz des Besuchsverbots.

Zwei Frauen aus einem Haus der Seniorenhilfe wiederum hatten sich im gemeinsamen Doppelzimmer früher „nichts geschenkt“. Nach der Schließung der Einrichtung für Besucherinnen und Besucher waren sie „auf einmal nahezu ein Herz und eine Seele“. Beide schienen froh, mit jemandem ihre Erlebnisse teilen zu können.

Ein weiteres Beispiel bringt Pfarrer Heidmann aus dem Hospiz mit: Es sei doch einfach zu schade, dass nach ihrer Beerdigung alle zusammenkämen und sie selbst könne nicht mehr dabei sein, fand eine Hospiz-Bewohnerin. So lud sie (vor Corona) die Menschen, die ihr am Herzen lagen, zu einer letzten besonderen und gemeinsamen Feier in die Nähe des Hospizes ein und es wurde ein wunderbar schönes, lebendiges Fest – mit allen zusammen.

All diese Beispiele belegen in den Augen von Pfarrer Jörg Heidmann, wie wichtig es ist, auch am Ende des Lebens dazu zu ermutigen, eben dieses Leben zu spüren, Teilhabe und Beziehung zu ermöglichen. „Vielleicht auch aus der Beziehung zu einem Gott, der da sein will, wo wir uns eben noch alleine fühlten.“ 

Die Aktion „Woche für das Leben“ beschäftigt sich in diesem Jahr mit dem Thema „Leben im Sterben“. Sie geht auf eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zurück. Seit 1994 wird sie gemeinsam mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durchgeführt. Mit Veranstaltungen und Aktionen rund um dieses Thema leisten die Kirchen seit mehr als 20 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung für den Wert und die Würde des menschlichen Lebens.