Bad Kreuznach | Kinderdiabetes-Ambulanz unterstützt Kinder und Jugendliche

Im Diakonie Krankenhaus lernen Fabio und Luka den richtigen Umgang mit ihrer Erkrankung und der neuen Insulinpumpe

 „Das Ding piepst, ich glaube, du musst es mal wechseln“, sagt Luka zu seinem Zimmerkollegen Fabio. Das „Ding“ ist eine Insulinpumpe, mit deren Technik sich die Jugendlichen im Diakonie Krankenhaus Bad Kreuznach drei Tage lang vertraut machen. Die beiden 14-Jährigen sind Diabetiker und brauchen mehrmals am Tag Insulin.

Den Prozess übernimmt jetzt die Pumpe, die das Insulin über eine kleine Nadel, die bei Luka im Bauch und bei Fabio im Oberarm steckt, in regelmäßigen Abständen in den Körper abgibt. Die beiden Jungen nutzen eine sogenannte Patchpumpe, bei der alle drei Tage ein Wechsel des Infusionssets nötig ist. Das Piepsen erinnert sie daran, die Pumpe auszutauschen.

„Jetzt brauche ich mir nicht mehr sieben Mal am Tag Spritzen zu setzten“, sagt Luka erleichtert. Bei ihm wurde vor zwei Jahren „Diabetes mellitus Typ 1“ festgestellt, nachdem er mit starken Bauchmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Fabio hat die Diagnose erst vor wenigen Monaten erhalten. „Bei dieser Form der Stoffwechselerkrankung produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr. Insulin ist nötig, damit der durch die Nahrung aufgenomme Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt. Dort wird es für die Energiegewinnung benötigt und für alle Körperaktivitäten gebraucht, wie Bewegung, Atmung oder Herzleistung“, erklärt Dr. med. Detlef Coors, Oberarzt für Kinder- und Jugendmedizin und Diabetologe am Diakonie Krankenhaus. Fehlt das Insulin, steigt der Blutzuckergehalt. Der Köper versucht dann, den Zucker auf andere Weise loszuwerden, durch vermehrte Harnproduktion. Häufiges Wasserlassen, vermehrtes Trinken und Gewichtsabnahme sind deshalb typische Anzeichen von Diabetes, auf die Eltern achten sollten. „Wenn ein Kind diese Beschwerden hat, ist eine Blutzucker- und Urinkontrolle beim Kinder- oder Hausarzt dringend erforderlich“, rät der Diabetologe. Unbehandelt ist die Erkrankung lebensbedrohlich. „Während Diabetes Typ 2 auch mit einer Diät oder Medikamenten behandelt werden kann, hilft bei Luka und Fabio nur Insulin und das muss unter die Haut gespritzt oder gepumpt werden.“

Erfahrene Diabetologen unterstützen beim richtigen Umgang

In der Diabetes-Ambulanz des Diakonie Krankenhauses im vierten Stock betreut das Team um Dr. Coors derzeit rund 70 Kinder und Jugendliche. Hier werden die Einstellungen des Insulins überprüft und auftretende Fragen und Probleme gelöst. Die Beratung ist vierteljährlich, bei Bedarf auch häufiger. Jedes Jahr erkranken etwa 3.000 junge Menschen unter 18 Jahren neu an Typ-1-Diabetes, deutschlandweit sind rund 32.000 Kinder und Jugendliche von dieser Krankheit betroffen.

Für viele Kinder ist die Diagnose ein Schock. Luka und Fabio gehen mit dem Thema entspannt um. Beide haben an ihrer Schule Sport als Hauptfach belegt und sind auch in ihrer Freizeit sportlich unterwegs. Fabio spielt Handball beim DJK GW Bingen-Büdesheim, Luka rudert für die Binger Rudergesellschaft. Angst, dass Diabetes ihren Sport beeinflusst, haben sie nicht. „Wir wissen, dass es Sportarten gibt, die den Blutzucker erhöhen, andere die ihn senken. Wichtig ist, dass wir unseren Blutzucker genau bestimmen und entsprechend reagieren“, sagt Luka. Das haben die beiden bei der Diabetesschulung in Bad Kreuznach gelernt, genauso wie Nahrungsmittel beurteilen und Kohlenhydrateinheiten ermitteln. „Der richtige Umgang mit der Krankheit ist für Kinder und Jugendliche eine große Aufgabe, die nicht nur Disziplin, sondern auch viel Wissen über Ernährung, Bewegung und die Funktion des eigenen Körperstoffwechsels, aber manchmal auch Krisenmanagement bei Über- oder Unterzucker erfordert“, berichtet Kinderarzt Dr. Coors.

„Unser Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen ein hohes Maß an Kompetenz zu übertragen und Verantwortung zu vermitteln, um in der Schule und bei Freizeitaktivitäten bestmöglich mit der Krankheit leben zu können.“ Dazu gehört auch, dass die beiden Jugendlichen zwischen verschiedenen Insulinpumpen wählen konnten, um die für sie passende Pumpe zu finden. „Letztendlich fanden wir diese am besten“, erzählt Fabio und zeigt die Pumpe an seinem Arm. Über ein Steuerungsgerät werden nach dem Essen der Blutzuckerwert und die zugeführte Grammzahl an Kohlehydraten eingegeben. Das System berechnet daraus die abzugebende Menge Insulin. Bei zusätzlichem Bedarf, etwa während oder nach dem Sport oder beim Essen, kann die Pumpe entsprechend programmiert werden. Diabetologe Dr. Coors betont in diesem Zusammenhang: „Typ 1-Diabetes kann man bisher nicht heilen. Aber richtig eingestellt und mit entsprechender Schulung kann jeder Heranwachsende mit dieser Erkrankung ohne große Einschränkungen leben. Dabei helfen wir gerne.“

Anlässlich des Weltdiabetestages (14. November) erklärt Kinderarzt Dr. med. Detlef Coors am Donnerstag, 11.11.2021, um 8:30 Uhr bei Antenne Bad Kreuznach warum die frühzeitige Diagnose und Therapie bei Diabetes so wichtig ist