Bad Kreuznach | Kantor Kickton geht in Ruhestand - Der Mann der tausend Noten

Kantor Helmut Kickton mit seiner Frau Doris

Kantor Helmut Kickton mit seiner Frau Doris

Wenn man über das Gelände der Stiftung kreuznacher diakonie in Bad Kreuznach läuft, ist es keine Seltenheit, dass plötzlich von der Wiese vor dem Elisabeth Jaeger Haus oder dem Paulinum Musik ans Ohr dringt. Diese Freiluftmusik stammt aus dem Dudelsack von Helmut Kickton, der für alle Menschen spielt, die auf dem Campus der Stiftung kreuznacher diakonie leben und arbeiten. Seit 1987 ist er mit großem Einsatz und musiktheoretischem Wissen Kantor – musikalischer Leiter – der Kantorei der Stiftung, die 1903 gegründet wurde. Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze wechselt Kickton vom Voll- zum Teilzeitkantor.

Vor 34 Jahren übernahmen Helmut Kickton und seine Frau Doris die Verantwortung für die Kantorei. Damals gab es einen Diakoniechor, den Bethanien-Chor, einen Posaunenchor und ein Streichensemble. All dies schloss Kickton 1990 zu einer „Integrativen Kantorei“ zusammen, die den Namen „kreuznacherdiakoniekantorei“ trug, und wurde somit zum Leiter einer integrativen Musikgemeinschaft mit dem Leitbild von Diversität und Inklusion. Hier fanden die Schola, der Chor, die Solisten, das Orchester und auch der Bläserchor einen gemeinsamen Rahmen zum Musizieren. Bei besonderen Gottesdiensten zum Beispiel an Weihnachten oder Jahresfesten wirkten immer alle Gruppen vokal-instrumental mit. Die Konzerte in der Diakonie Kirche waren stets Benefizveranstaltungen - meist für das Café Bunt oder das Eugenie Michels Hospiz.

Weltweite Bekanntheit als Herausgeber digitaler Noten
1992 begann Kickton mit der Digitalisierung der Noten der Kantorei. Am 1. Mai 2002 wurden die ersten Notendateien im Internet – unter der Adresse www.kantoreiarchiv.de - zum kostenlosen Gebrauch veröffentlicht. Das digitale Notenarchiv der Kantorei enthält über 20.000 Musikdateien für Chöre, Orchester, Kammermusik, Blockflöte, Blechbläser, Orgel und Dudelsack. Der Schwerpunkt des Archivs liegt auf den Noten aus dem Barock für Chöre und Orchester. Daneben wurden mehrere Choralbücher zum Kirchengesangsbuch für die verschiedensten Instrumente erstellt. In einer gesonderten Ausgabe sind auch Begleitsätze für zwei, drei und vier Stimmen für die beliebtesten Weihnachtslieder vorhanden.

Kantorei als Trendsetter in der musikalischen Aufführungspraxis
Beim Rheinischen Kirchenmusikfest 2000 stellte die Kantorei bei einem Workshop in der Diakonie Kirche Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung ihres Leiters vor: Die Sängerinnen und Sänger der Kantorei standen nach historischem Vorbild vor dem Orchester. 

Im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes wurde Helmut Kickton nun nach mehr als 30 Jahren in den Ruhestand entlassen. Unter dem Motto „Thank you for the music“ stand die Predigt im Gottesdienst ganz im Zeichen dessen, was Kicktons Leben und seine Liebe zur Musik ausmacht. Auch Sabine Richter, theologische Vorständin der Stiftung kreuznacher diakonie, lobte den Kirchenmusiker für seine Leidenschaft, mit der er die Kantorei der Stiftung in den letzten Jahrzehnten zu etwas ganz Besonderem gemacht hat: „Helmut Kickton ist als junger Kirchenmusiker in sehr große Fußstapfen getreten. Diese Herausforderung nahm er an und meisterte sie mit Bravour. Wir danken ihm für seinen unermüdlichen Einsatz für die Stiftung kreuznacher diakonie und seine Arbeit für die Kantorei. Gemeinsam haben wir viele wunderbare Konzerte und Gottesdienste erlebt, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden. Einen Vollblutmusiker wie ihn gibt es kein zweites Mal.“

Besonders erfreulich ist, dass Helmut Kickton der Stiftung auch weiterhin als Kantor in der Diakonie Kirche mit reduziertem Dienstumfang erhalten bleibt. Die Kantorei wurde mit dem 1. Mai in eine Projektkantorei umgewandelt. Statt der wöchentlichen Proben finden nur noch einzelne Projekte statt.