Bad Kreuznach | Im Eugenie Michels Hospiz liegt Musik in der Luft

Klangtherapeut Achim Wendling bei Johanna Saueressig, Gästin des Eugnie Michels Hospiz.

BAD KREUZNACH. Die Türen zu den Zimmern im Eugenie Michels Hospiz auf dem Gelände der Stiftung kreuznacher diakonie sind weit geöffnet. Achim Wendling ist wieder da. Der Musiktherapeut aus Wörrstadt hat sich ans Klavier im Flur gesetzt und spielt. Musik liegt in der Luft und das ist Absicht. Christina Gann, Leiterin des Hauses, erklärt, warum Musik auch in der letzten Phase des Lebens eine wichtige Bedeutung hat:  „Musik hört man nicht nur, die Menschen spüren sie auch.“ Wendling ergänzt: „Das Gehör ist das erste Organ, das im Bauch der Mutter schon voll ausgebildet ist und aus medizinischer Sicht ist das Ohr wahrscheinlich auch das letzte Sinnesorgan, das noch funktioniert.“ Selbst wer taub ist, spürt die Resonanzen.

Christina Gann ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Gäste im Eugenie Michels Hospiz mit Musik in Berührung kommen. So sind einmal im Monat auch Musiker und Sänger des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) in Bad Kreuznach zu Gast: „Singen für die Seele“ heißt das Projekt, bei dem bis zu zwölf Damen und Herren ihre Stimme erheben. Monika Zimmermann ist eine von ihnen: „Wir erfüllen gerne die Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner und freuen uns über ihre Reaktionen. Viele können die Lieder auch mitsingen.“

Klangtherapeut Achim Wendling vermittelt den fachlichen Hintergrund, warum die Musik im Hospiz so wohltuend ist: „Jedes Musikstück hat seine eigene Harmonie. Der ständige Wechsel von spannungsaufbauenden und spannungsentladenden Passagen ist wie das Ein – und Ausatmen, der Ursprung des Lebens. Mit einer Schallwelle können weitere Informationen wie Gefühle, Worte, Wünsche mitgegeben werden, indem man sie mit dem Ton, dem Klang verbindet. So wird plötzlich ein ganzes Musikstück heilsam.“ Auch im Deutschen Ärzteblatt wurde 2015 eine Studie vorgestellt, die das bestätigt: „Musiktherapie ist eine effektive Maßnahme zur Förderung von Entspannung und Wohlbefinden von unheilbar erkrankten Menschen in der palliativmedizinischen Versorgung.“

Christina Gann ist froh über den Besuch der SKF-Gruppe oder den ehrenamtlichen Hospizbegleiter, der für seinen Einsatz in der Einrichtung sogar wieder Klavierunterricht genommen hat. Bei vielen Menschen kommen bei den unterschiedlichen Liedern Emotionen hoch – verbunden mit bedeutenden Erinnerungen an das gelebte Leben. Andere Musikangebote für die Gäste des Hauses muss die Einrichtung durch viele kleine und große Spenden finanzieren: „Kranken- und Pflegekassen übernehmen nur 95 Prozent der Kosten, um das Hospiz zu unterhalten. Dies ist gesetzlich so vorgesehen.“ Der „restlichen“ fünf Prozent – insgesamt 90.000 Euro beträgt diese Finanzierungslücke – muss über Spenden finanziert werden. Deshalb ist es Christina Gann ein Anliegen, die Arbeit des Hauses transparent zu machen: „Als zu Beginn der Corona-Pandemie das Haus fast gänzlich von der Außenwelt abgeschottet werden musste, haben unsere Mitarbeitenden sich ans Klavier gesetzt, um die Klangwelt nicht ganz draußen zu lassen. Angebote wie die Klangtherapie können nur durch Spenden realisiert werden.“